Spanien und Portugal
25.8. - 23.9.1967

Reisedauer:  30 Tage              Strecke:  7.000 Km

Route:   Wiesbaden  -  Saarbrücken  -  Metz  - Chalon sur Marne  -  Meaux  -  Paris Clermont Ferrand  -  Perpignan  - Le Perthus  -  Rosas  -  Barcelona  -  Castellón  -  Nules Valencia  -  Cullera  -  Calpe  -  Alicante  -  Murcia  -  Lorca  -  Sorbas  -  Almeria  -  Málaga Marbella  -  Gibraltar  -  Cádiz  -  Sevilla  -  Beja  -  Lisboa  -  Batalha  -  Figueira da Foz Coimbra  -  Salamanca  -  Valladolid  -  Burgos  -  Bilbao  -  San Sebastian  -  Bordeaux Clermont Ferrand  -  Lyon  -  Bourg  -  Besançon  -  Mulhouse  -  Colmar  -  Karlsruhe Darmstadt  -  Wiesbaden   (Karte)

Teil 1

Für den Sommer 1967 plane ich meine erste, selbst organisierte grosse Reise. Zwischen Abitur und Wehrdienst wollen wir vier Wochen lang mit Zelt und meinem VW-Käfer die spanische Mittelmeerküste bis hinunter nach Gibraltar bereisen, und auf dem Rückweg wollen wir Portugal besuchen. "Wir", das sind meine Freunde Werner B., genannt "Tino", und Rainer L., genannt "Barnie", und meine Wenigkeit, genannt "Naso".

Wir haben einige Wochen gejobbt, um das nötige Reisegeld zu verdienen, und dann endlich kommt der Moment, auf den wir uns so lange gefreut haben! Die Fenster runtergekurbelt, das Radio auf höchster Lautstärke, so fahren wir noch am Abend des 25. August übermütig los.

Von Wiesbaden fahren wir über Mainz und Kaiserslautern nach Saarbrücken, da wir Paris als erstes Reiseziel auserkoren haben. Etwa 3 Km hinter der französischen Grenze biegt ein schlecht beleuchteter 2CV mit einem Affenzahn vor uns ein. Nur ein rasches Ausweichen und die Tatsache, dass die Strasse breit genug ist, bewahrt uns vor einem Zusammenstoss!

130 Km vor Paris kann ich die Augen nicht mehr aufhalten, und biege auf einen Feldweg ein. Tino und Barnie schlafen ohnehin schon, und so strecke ich mich hinterm Steuer aus, so gut es geht. Es ist nicht gerade bequem, doch ich schlafe sofort ein.

Am nächsten Morgen gegen 7 Uhr erreichen wir die ersten Vororte. Das also ist Paris! Ich wundere mich im Stillen, dass man den Eiffelturm nirgends sieht. Die Miniröcke scheinen hier noch ein wenig kürzer zu sein, wir werden hellwach.

Leiterwagen, grosse Hallen, Salatköpfe liegen auf der Strasse. Wir sind im Marktviertel gelandet. Alles etwas schmuddelig. Schliesslich kommen wir zu einem Platz mit Grünanlage in der Mitte. An einer Ecke befindet sich eine Art Imbisstube.

Unsere mangelnden französischen Sprachkenntnisse bringen uns in arge Verlegenheit. Was sollen wir zum Frühstück bestellen? Da lesen wir das rettende Schild: Hot Dogs. Jeder bestellt sich Hot Dogs (heisse Würstchen) und eine Tasse Kaffee dazu. Das Würstchen schmeckt gut, das Brötchen dazu auch, nur den Kaffee finde ich ungeniessbar.


        Meine Reisegefährten "Barnie" (l) und "Tino" (r)                Unser erstes Ziel, die Kathedrale Notre Dame

Wir kommen zur Kathedrale von Nôtre Dame. Das Gotteshaus ist interessant, und auch die berühmten Clochards unten am Ufer der Seine finden unsere Beachtung. Dann  beschliessen wir, den Louvre aufzusuchen. Aber die Leute scheinen unsere Frage "Ou est le Louvre ?" nicht recht zu verstehen. "Le Louvre? Le Louvre? Ahh, le Louvre!" Und dann schicken sie uns in die verschiedensten Richtungen. Eine davon stimmt dann doch! Wir bestaunen viele Werke alter Meister, darunter auch die berühmte Mona Lisa. Allein hier im Louvre könnte man schon eine Woche verbringen, bis man alles gesehen hat.

Unser nächstes Ziel ist der Eiffelturm. Aber noch sind wir nicht oben, wir sollten vorher noch eine kleine Überraschung erleben. In einer Unterführung stottert der Motor kurz und verstummt dann. Benzin ist alle, denke ich, und schalte auf Reserve um. Doch der Motor springt nicht mehr an, und der Wagen rollt langsam aus. Ich betätige den Anlasser, fünfmal, zehnmal, ohne Erfolg. Wir schieben den schweren, vollbeladenen Wagen aus der Unterführung heraus, schwitzend und fluchend.

Plötzlich hält hinter uns ein schwarzer Citroen, fährt langsam auf unseren Wagen auf, und schiebt ihn mit seinen Gummipuffern an der Stosstange vorwärts, und wir rollen rechts raus in eine Seitenstrasse. Merci!

Unser Versuch, in einer kleinen VW-Werkstatt Hilfe zu organisieren, schlägt fehl. Es ist Samstag 14 Uhr, da wird überall Feierabend gemacht. Und einen Notdienst gibt  es nicht.


Barnies Reparaturversuche, leider ohne Erfolg

  "Autopanne in Paris"

Als wir zurück am Wagen sind, beschliesst Barnie selbst einmal nach dem Rechten zu sehen. Der erste Verdacht fällt auf den Vergaser, doch dann kommen wir zu dem Schluss, dass es nur die Benzinpumpe sein kann.

Da tritt ein kleiner Mann in schmuddeligem Rollkragenpullover, mit einem dichten Schnauzbart unter der Nase, zu uns, redet was von "VW specialiste". Er zerlegt die Pumpe ein paar Mal, setzt sie wieder zusammen. Er baut sie ein, betätigt den Anlasser - nichts! Nach drei Stunden Bastelei bietet er uns an, einen Abschleppdienst kommen zu lassen.


                       Am Abschlepphaken geht's am
                               Arc de Triomphe vorbei

Ich gebe ihm 10 Franc für seine Bemühungen, dann geht das Männlein telefonieren. Wir warten mit gemischten Gefühlen. Der Eiffelturm steht nur ein paar hundert Meter von uns entfernt.

Es dauert etwa eine halbe Stunde, dann sehen wir einen roten Abschleppwagen heransausen. Zwei Männer steigen aus, Kippen im Mundwinkel, und gehen sofort routiniert ans Werk. Der Wagen wird vorne hochgezogen, mit einer Stange festgestellt, fertig.

Eine ungewöhnliche Fahrt beginnt. Am Haken hängend, sehen wir den Eiffelturm vorbeihuschen, fahren die Champs Elysee hinauf und am Triumpfbogen vorbei. Obwohl die Lage nicht so lustig ist, haben wir unseren Spass daran.

Vor einer alten, grauen Werkstatt in dem Stadtteil „Levallois“ halten wir, der Wagen wird abgehängt, und in die Werkstattseinfahrt geschoben. Die Werkstatt ist klein und schmutzig, wie die ganze Strasse in der sie liegt.

Niedrige graue Häuser mit schmierigen Fenstern, schmuddelige Kneipen, holpriges Pflaster. Wir fühlen uns nicht gerade wohl hier.


Statt auf dem Eiffelturm stehen wir in der Werkstatt

 "Autopanne in Paris"

Man macht sich schon mit Eifer an die Benzinpumpe. Der Mann der uns abgeschleppt hat, wirft sie in eine Kiste, die er auf dem Gepäckträger seines Mopeds befestigt hat, und rattert los. In einer halben Stunde, so hat er uns erklärt, hätten wir eine neue Pumpe. Wir schöpfen wieder Hoffnung.

   
Unsere Stimmung ist auf dem Tiefpunkt                            Aber wir lassen uns nicht unterkriegen

 
                           Kochen fast wie die Clochards

Ich habe Hunger. Barnie isst Brote, die er von zu Hause mitgenommen hat, Tino hat keinen Appetit. Ich packe den kleinen Gaskocher aus, und mache mir eine Dose Ravioli warm. Wir haben ja noch nichts zu Mittag gegessen.

Inzwischen haben wir längst die Hoffnung aufgegeben, heute noch weiterfahren zu können. Aber, wo sollen wir übernachten? Zelt ist unmöglich, Hotel zu teuer, Jugendherberge keine da. Wir müssen im Auto schlafen!

Der Werkstattmann mit dem Moped ist wieder zurück und eröffnet uns, dass heute Abend nichts mehr drin sei. Morgen früh aber bekämen wir ganz sicher eine neue Benzinpumpe! Morgen früh? Morgen ist Sonntag! Aber der Mann beharrt darauf. Na schön, er muss es wissen!

Wir schieben den Wagen auf die Strasse, und schliessen ihn gut ab. Unsere Stimmung hat etwas gelitten, so beschliessen wir, in die Kneipe an der Ecke zu gehen. "Victor Hugo" heisst die Pinte, mit Theke, zwei Tischen, zwei Spielautomaten in der Ecke, und einem Regal mit tausend Flaschen. Der Wirt trägt einen blauen Schlosseranzug, und macht einen ganz vergnüglichen Eindruck.

   
         Lustiger Umtrunk in der Gaststätte "Victor Hugo"                      Die Stimmung ist auf ihrem Höhepunkt

Wir stehen an der Theke, trinken zuerst Rotwein, dann französisches Bier, auch mal einen Pernod. So langsam bessert sich die Stimmung wieder. Der Wirt, Monsieur Perrole, gibt uns einen aus, wir geben ihm einen aus. Später kommt auch einer der Männer aus der Werkstatt hinzu. Wieder haben wir drei Flaschen Bier vor uns stehen. Es ist spät, als wir uns verabschieden. Im nächsten Jahr kommen wir wieder, versprechen wir beim Hinausgehen.

Barnie lässt sich auf dem Rücksitz nieder, Tino sinkt auf den Beifahrersitz, und ich sacke hinter dem Lenkrad zusammen. So unbequem es auch ist, keiner von uns hat Mühe einzuschlafen.

So gegen halb 10 Uhr werden wir wach, mit leichtem Brummschädel zwar, aber sonst ohne Beschwerden. Wir bauen unseren Campingtisch auf dem schmalen Gehweg neben dem Auto auf, und beginnen zu frühstücken.

   
Eine unbequeme Nacht im Auto geht zu Ende

  


    Obwohl Sonntag, bekommen wir eine Ersatzpumpe

Obwohl heute Sonntag ist, ist das Werkstattpersonal schon wieder zur Stelle, und während wir noch unsere Marmeladebrote vertilgen, schleppen sie einen anderen VW-Käfer am Abschlepphaken herbei.

Sie bauen dessen Benzinpumpe aus und pflanzen sie meinem Käfer ein. Das dauert nicht lange, und nun läuft der Motor endlich wieder. Da sind wir aber froh!

  "Autopanne in Paris"

Nachdem wir die faire Rechnung beglichen haben, verlassen wir erleichtert den Stadteil Levallois, und machen Halt am Arc de Triomphe. Dann trägt uns endlich der Aufzug des Eiffelturmes bis zur mittleren Plattform, bis ganz hinauf ist es uns zu teuer. Aber auch von hier ist der Blick auf die riesige Metropole sehr beeindruckend.

  
            Jetzt noch mal richtig: Der Arc de Triomphe                       Auf der mittleren Plattform des Eiffelturmes

Dann verlassen wir Paris nach Süden, und fahren in Richtung Zentralmassiv. Nach einer Übernachtung auf der grünen Wiese geht’s dann, über Beziers, Narbonne und Perpignan zur spanischen Grenze. Danach ist es nicht mehr weit bis nach Rosas, wo wir mit unserem Freund Werner D. verabredet sind.

   
                Übernachtungsplatz in Mittelfrankreich                                           Camping auf der grünen Wiese

  
       Tino beim Geschirrspülen am rauschenden Bach                  Gute Laune beim Frühstück mit Werner D. (r)

Wir verbringen gemeinsam einen schönen Abend an der Theke der Snack Bar Brasil. Unsere Stimmung ist prächtig, und ein paar kühle Bier tun auch ihre Wirkung.

Die Nacht verbringen wir in Werners Haus auf unseren Luftmatratzen. Etwas gerädert, aber gut gelaunt, frühstücken wir alle zusammen, und dann heisst es schon wieder Abschied nehmen.     (Karte)