Spanien, Marokko und Portugal
5.8.69 - 3.10.69

Teil 3
 

Heute fahren wir 20 Km nach Süden, nach Rissani. Das ist der Hauptort der Oase Tafilalet, und heute ist hier Markttag.

Aus der ganzen Gegend sind Händler und Käufer zusammengekommen, um ihre Geschäfte zu tätigen. Die Luft ist staubig und trocken, und über allem hängt der Duft von Eseln und Kamelen.


Jüngeren Datums ist das Stadttor von Rissani

 

Ein junger Mann spricht uns an, er bietet uns seine Dienste als Führer an, will uns zeigen, wo es hier schöne Sanddünen zu sehen gibt. Das scheint uns interessant, und wir lassen uns darauf ein.

So beginnt mein erstes Wüsten-Abenteuer. Die Piste ist, von störenden Bodenwellen abgesehen, gut befahrbar. Kilometer um Kilometer dringen wir vor, das Gelände zu beiden Seiten ist von schwarzem Geröll übersät, und sieht aus wie frisch geteert.


Mein erstes Wüstenabenteuer

Weit am Horizont sehen wir eine Karawane durch die trostlose Steinwüste ziehen. Auch sehen wir einige Fata Morganas, Luftspiegelungen, die das Vorhandensein von Seen vortäuschen, und nur ein Produkt der vor Hitze flimmernden Luft sind. Ein Esel steht einsam in der Landschaft, und etwas weiter passieren wir eine verlassenen Siedlung. Daneben auch ein alter Friedhof. Soweit das Auge reicht, nur totes Gestein. Einziges Indiz einer gewissen Zivilisation sind die Telegrafenmasten, welche die Piste säumen.

Etwa 1 ½ Stunden dauert diese Fahrt, dann erreichen wir Merzouga, ein kleines Dorf, in dessen Nähe die versprochenen Dünen zu sehen sind. Einige Kinder nehmen bei unserem Erscheinen sofort Reissaus. In der Ferne tobt ein kleiner Wirbelsturm. Unser Führer zeigt uns eine Art Kneipe in einer der Hütten, und dort bekommen wir in einem Tonkrug gekühlte "Atlas-Orange" Limonade zu trinken. Draussen brennt die Sonne unerbittlich vom Himmel.

 
                                                             Das beeindruckt uns sehr:  Die Sanddünen von Merzouga

Daher haben wir keine Lust, viel zu laufen, und fahren auch noch die letzten paar hundert Meter zu den Sanddünen hinüber. Wir steigen aus, und haben unseren Spass in dem sauberen, goldgelben Sand. Im Grunde ist das die Vorstellung, wenn man den Begriff Sahara hört, dabei besteht sie zum weitaus grössten Teil aus Geröll- und Steinwüste.

In dem Dorf hat man unseren Führer über eine Berberhochzeit informiert, die hier in der Nähe stattfinden soll. Also setzen wir die Fahrt fort, vertrauen auf die Ortskundigkeit des jungen Mannes. Und tatsächlich finden wir etwas abseits der Piste die Berberhütte, wo die Festlichkeiten im Gange sind.

 
                 Wir sind zu Gast bei einer Berberhochzeit                             Die Braut, verhüllt und in ergebener Geduld

Die Braut, sie mag 14 oder 15 Jahre alt sein, sitzt vermummt und unbeweglich auf einem mit Teppichen bedeckten Steinhaufen, und lässt die Zeremonie mit ergebener Geduld über sich ergehen. Die Männer tanzen zu einem monotonen Rhythmus. Unser Führer fragt um Erlaubnis, und wir dürfen auch Filmaufnahmen machen. Er erklärt uns, dass die Feier 4 Tage dauert, und dass dabei natürlich kein Tropfen Alkohol fliesst.

Nach diesem beeindruckenden Erlebnis fahren wir über Rissani zurück nach Erfoud. Es geht zu der Sportanlage, wo ja ein inzwischen gefülltes Schwimmbecken auf uns wartet. Hier erfrischen wir uns nach dieser staubigen Fahrt, welch eine Wonne!

 

 
                                        Welch eine Wonne, nach diesem heissen, staubigen Tag in der Wüste

Am nächsten Tag kündigt sich ein Sandsturm an, und mahnt uns zur Abreise. Vorher fahren wir noch hinauf zur alten französischen Festung "Bordj Est". Von hier bietet sich ein prächtiger Ausblick auf Erfoud und das Tal des Oued Ziz mit der Palmoase von Tafilalet. Wir sehen auch unten in der Ferne die Piste, die wir gestern noch befahren hatten. Jetzt fegt uns von dort heiss und trocken der Sandsturm entgegen.

Dann fahren wir nach Norden, durch Ksar-es-Souk nach Midelt, und über Boulemane und Sefrou bis nach Fès.

 
       Wir stürzen uns in Getümmel der Medina von Fes                    Blick in den Hof der Moschee El Karaouine

 
                         Strassenmusikant in der Medina                                                Im Viertel der Gerber und Färber

Zwei Tage lang besichtigen wir die Medina von Fès. Wir bewundern die Stadtmauern und die Tore, schlendern durch die Gassen der Altstadt. Da man sich hier leicht verlaufen kann, geben wir dem Drängen eines der "Führer" nach und heuern ihn an. Er führt uns durch das Labyrinth der schmalen Gassen, zeigt uns unter anderem die El-Karaouin-Moschee, sowie die Viertel der Woll- und der Lederfärber.

   "In der Medina von Fes"

Von Fès aus fahren wir über Ouezzane, Chechaouen und Tetouan nach Bab Sebta, d.h. nach Ceuta.

Die Ausreise verläuft ohne Komplikationen, und obwohl noch auf afrikanischem Boden, sind wir nun doch wieder in Spanien.  (Karte)


Blick auf den Hafen von Ceuta

Morgen wollen wir übersetzen aufs spanische Festland, nach Algeciras. Aber es kommt anders. Auf der Suche nach einem ruhigen Schlafplatz fahren wir ein Stück raus aus bewohnten Gebieten, doch an einer steilen Steigung kommt plötzlich ein hässliches Geräusch aus unserm Getriebe, und wir können nicht mehr weiterfahren! Es war in den letzten Tagen bereits sehr laut geworden, doch jetzt hat es seinen Geist aufgegeben. Mist!

Ich lasse den Wagen den Berg zurückrollen, mit Rollen und Schieben kommen wir an die Uferstrasse, und stellen das Auto hier an den Strassenrand. Barnie hat absolut keine Lust, schon wieder im Auto zu schlafen. Seine Reisekasse erlaubt ihm, sich ein Zimmer in dem "Gran Hotel Ulises" zu mieten. Meister und ich kauern uns frustriert auf die Vordersitze im Käfer, und versuchen zu schlafen.

Am Morgen erscheint Barnie, ausgeruht und frisch geduscht, während wir uns zerknittert von den Sitzen erheben. Wir lassen das Auto in eine VW-Werkstatt schleppen, dann heisst es Geduld haben, und wir schauen uns die Stadt an.

Am Hafen finden wir eine urige Pinte, dort gibt es für wenig Geld ein Gläschen Vino Tinto, dazu eine Handvoll Erdnüsse. Zur Buchführung macht der Wirt schwungvolle Kreidestriche auf die dunkelbraune Holztheke. Zum Übernachten suchen wir uns heute eine billige Pension.

Am Abend des zweiten Tages ist das Auto wieder fahrbereit. Man das Getriebe ausgebaut, ein defektes Lager ausgetauscht, und neues Getriebeöl eingefüllt. Kosten der Reparatur 132 DM. Das ist zwar nicht allzu teuer, reisst aber doch ein schmerzliches Loch in die Reisekasse.

Am nächsten Tag kaufen Barnie und Meister trotz angespannter Finanzlage dennoch zusammen ein gutes Dutzend Flaschen Cognac. Der ist ja schon auf dem spanischen Festland sehr billig, aber hier in Ceuta noch billiger, da von der Steuer befreit. Angesichts der Ebbe in meinem Portemonnaie verzichte ich darauf, Schnaps oder ähnliches mitzunehmen.

 
 
                    Wir queren die Strasse von Gibraltar                                       "The Rock" ist heute gut zu sehen

Mit der Fähre setzen wir über nach Algeciras. Die Sicht ist heute ausgezeichnet, und der Felsen von Gibraltar scheint zum Greifen nah. Auch der Blick vom spanischen Festland auf die nordafrikanische Küste ist prächtig. Deutlich erkennt man Ceuta und den Monte Hacho.

Wir fahren dann über Cádiz nach Sevilla. Dort besichtigen wir die Kathedrale, steigen auch hinauf auf den Glockenturm "Giralda". Anschliessend besuchen wir noch den naheliegenden Alcazar, mit seinem schönen Garten.   (Karte)

Danach geht’s weiter zur portugiesischen Grenze, die wir bei El Rosal de la Frontera überqueren. Wir fahren noch ein Stück in Richtung Lissabon, schlagen dann zur Übernachtung unser Lager im Gelände auf.

Wir setzen die Fahrt fort, passieren Setubal, und erreichen Lissabon über die weitgespannte "Ponte Salazar". Wir suchen den gut ausgestatteten Campingplatz von Lissabon auf, und bauen hier unser Zelt auf.   (Karte)


     Blick auf den Rossio, mit der Fassade des Theaters

Stadtbummel zwischen Praça do Comercio und Rossio. Wir besichtigen den kuriosen Aufzug Santa Justa, der die Unterstadt mit der Oberstadt verbindet.

Und wir genehmigen uns ein paar Ginjas, leckerer Kirschlikör, in einer kleinen Ginjeria in der Gasse hinter dem Theater. Weil der so lecker schmeckt, kaufen wir jeder 1 Flasche zum Mitnehmen.

Lohnenswert ist auch der Besuch des Lissabonner Flohmarktes am Campo Santa Clara.

Eine schöne Atmosphäre herrscht hier, besonders interessieren mich alte technische Geräte und Instrumente.

Für ein Grammophon reicht mein Geld leider nicht, aber ich kaufe ein altes, schwarzes Haustelefon, das gefällt mir.

 

Interessant sind auch die Stände mit ausgemusterten Militärausrüstungen. Ich kaufe mir zwei olivgrüne Hemden und ein oder zwei stabile Gürtel. Ein echter Tropenhelm geht auch mit, und auch ein sandfarbenes Militärjäckchen, mit aufgesetzten Taschen. Alles gut gebraucht natürlich, und sehr preiswert.

Torre de Belem, das Seefahrerdenkmal, und das in der Nähe befindliche Hieronimus-Kloster sind ebenfalls Ziele weiterer Besichtigungen. Zum Abschluss fahren wir hinauf zum Castelo Sao Jorge, hoch über der Stadt. Das Panorama, das sich von hier oben eröffnet, ist wunderschön. In der Abendsonne nehmen wir einen mitgebrachten Imbiss ein, beobachten dabei, wie überall in der Stadt die Lichter und Leuchtreklamen angehen.

 
                         Die Flussfestung Torre de Belem                                          Abendessen auf dem Castelo Sao Jorge

Barnie und ich hecken die Idee aus, abends einmal in unseren marokkanischen Kutten auszugehen. Barnie hatte sich in Marokko eine dunkle Berberkutte zugelegt, und ich eine der üblichen "Djelabahs", aus dünnem hellen Stoff, mit hellgrauen Längsstreifen, mit Kapuze. Gesagt, getan!

Barnie und ich tragen also jeder seine Kutte, dazu Sonnenbrillen, und wir sind braungebrannt und mit Bart. Meister trägt "zivil", und geht in einigen Schritten Abstand hinter uns her. Wir laufen die Rua Augusta hinauf in Richtung Rossio und Zentrum, und die Wirkung ist gewaltig.

In den vorbeifahrenden Stadtbussen springen die Leute von ihren Sitzen und kleben mit den Nasen an den Scheiben, als sie uns sehen. Die Passanten stehen da mit staunenden Augen und schauen uns hinterher, als könnten sie es kaum fassen. Ich hätte nicht gedacht, dass eine Metropole wie Lissabon so provinziell sein würde. Wir gefallen uns in der Rolle, und tragen unsere Tracht mit Würde.

Bald landen wir in einer Kneipe, auch hier offene Münder, als wir uns an einem der kleinen Tische niederlassen. Einer der Gäste, schon etwas angetrunken, beginnt eine Konversation in holprigem Englisch. Und er gibt uns Schnaps aus, eine Runde nach der anderen. Wir verklickern ihm, dass wir Ahmet und Jussuf hiessen, und aus Marokko stammten. Meister deklarieren wir kurzerhand zu einem französischen Tramper, den wir mitgenommen hätten. Der Bursche, inzwischen schon ziemlich blau, nimmt uns das alles ab. Seine Zuneigung zu uns ist so gross, dass er uns zu sich nach Hause einladen will. Daran haben wir überhaupt kein Interesse, und wir wollen auch nicht, dass unser kleiner Schwindel auffliegt.

Wir versuchen ihm klarzumachen, das wir heute noch nach Algeciras fahren müssten, um dort die Fähre zu nehmen. Als es ans Bezahlen geht, unser Freund lädt ein, gibt es auf einmal ein lautstarkes Palaver mit dem Wirt. Wir verstehen zunächst nicht, worum es geht, doch es wird bald klar, dass der Wirt darauf beharrt, er habe mehr Schnäpse ausgeschenkt als nun Gläser auf dem Tisch stünden. Wer nun im Endeffekt nachgibt, wird uns nicht so ganz klar, jedenfalls kommt es zum Glück zu keiner Prügelei. Wir bedanken und verabschieden uns überschwänglich, salam aleikum, und machen, dass wir fortkommen. Ein gelungener, ulkiger Abend, und noch lange amüsieren wir uns über unseren gelungenen Streich.