Die grosse Reise zur Elfenbeinküste

Teil 3
Ruhige Wochen amTaourirt,  Oued Massa und am Oued Cheliff,
und erneuter Aufbruch nach In Guezzam

15.6. - 29.10.1982

(Reiseroute Teil 3)

 

Über Casablanca, Safi und Essaouira kommen wir zum Strand von Taghazout.

Der Platz unter den Bäumen entpuppt sich als mittlere Müllhalde. Überall Plastikfetzen, Glas, und sonstiger Dreck.

Das Meer kann man auch nicht sehen. Dafür gibt es massenhaft Fliegen, die sich natürlich auf uns stürzen.

 

    
              Wir richten uns am Strand von Taghazout ein

Ich bin unzufrieden. Hier wollen wir 3 Monate stehen? Ich peile die Lage. Unten in Strandnähe gibt es ein besseres Fleckchen, dorthin wollen wir uns stellen.


 Ein ruhiger Platz mit kühlender Brise vom Atlantik

 


 Wassermelonen, lecker und billig, sind unsere neue Leidenschaft
 

Unten angekommen, säubere ich den Platz um uns herum vom gröbsten Unrat (Glas, Dosen, Plastik), hier ist es viel schöner.

Ein Gang zum Strand zeigt, dass dieser schön sauber ist. Ein 20 bis 30m breiter Sandstrand, es geht flach und sanft ins Wasser, und weiter draussen rollen die Wellen des Atlantik.

    
                            Moderne Strassenzüge in Agadir

Hier bleiben wir die nächsten 14 Tage, nur unterbrochen von kurzen Fahrten zu einer Wasserstelle, und Ausflügen ins 20 Km entfernte Agadir.  (Karte)


                         Oued Massa, südlich von Agadir

Am 15. Juni fahren wir über Agadir hinaus nach Süden, zum Mündungsbebiet des Oued Massa.

Hohe Dünen aus gelbem Sand bilden einen reizvollen Kontrast zu dem Wasser des Oued, vereinzelte Palmen erhöhen den Reiz. Auch der Strand macht einen einladenden Eindruck.

Die sandige Piste endet an dem "Camping Sidi R'bat", wo wir nun 32 Tage lang bleiben werden.

Hermann und Lin aus Holland stehen mit ihrem VW-LT28 schon lange hier, und sogleich werden wir von ihnen zum Kaffee eingeladen. Ein etwas skurriles Paar, mit dem wir die nächsten 4 Wochen eine gute Nachbarschaft pflegen werden.

Einmal in der Woche fahren wir zusammen auf den Markt nach Massa, und decken uns dort für sehr wenig Geld mit Obst und Gemüse ein.

    
                       Camping Sidi R'bat, direkt am Atlantik

Eine Maus treibt des Nachts ihr Unwesen im Auto, knabbert an unseren Spaghetti-Vorräten herum. Aus einer leeren Konservendose und etwas Draht bastele ich eine Falle, die in der nächsten Nacht tatsächlich zuschnappt. Eine verängstigte Wüstenspringmaus sitzt drin. Hundert Meter vom WILU entfernt lasse ich sie nach einem strengen Verweis wieder frei.


               Windgenerator Modell Nr. 1 ist in Arbeit

Da nach wenigen Tagen unsere Zweitbatterie erschöpft ist, sinne ich auf Abhilfe. Die beständige Meeresbrise bringt mich auf die Idee, einen Windgenerator zu basteln.

Die Ersatzlichtmaschine wird zu diesem Zweck mit grossen Blechrotoren versehen, die sich auch beängstigend im Winde drehen, mit hohem Gefahrenpotential für die Umstehenden, aber geringer generatorischer Wirkung.

In der zweiten Version wird die Riemenscheibe der Lichtmaschine mit einem hölzernen Windrad versehen, und zusätzlich bekommt die Apparatur eine Richtungsfahne, und wird drehbar oben am Dachgepäckträger befestigt.

Das macht grossen Eindruck nicht nur bei den Einheimischen, die glauben hier ein geniales Werk moderner Technik vor sich zu haben.

Nur in vertrautem Kreis gestehe ich, dass das Ding keinen Strom liefert, weil es immer noch viel zu langsam dreht...
 

 

    
               Modell Nr. 2  gibt wenigstens optisch was her


    Der WILU wied zur Backstube. Es gibt sogar Pizza!

Mehr Erfolg ist einem anderen Projekt beschieden, nämlich dem Bau eines zerlegbaren Backofens aus verzinktem Eisenblech. Blechschere, Popnieten und afrikanische Improvisation machen es möglich. Passende Backbleche und Formen stelle ich auch her, und fortan backen wir, dank marokkanischer Trockenhefe, unser Brot jeden Tag selber.

Auch an Pizza wagen wir uns, und den einen oder anderen Kuchen. Wie funktioniert's ? Das Konstrukt wird auf den Kochherd gestellt, und von unten beheizt.

Am 17. Juli verlassen wir zusammen mit Hermann und Lin diesen Standplatz, und fahren noch einmal zum Strand von Taghazout.  (Karte)

Da hier inzwischen alles von einheimischen Urlaubern wimmelt, suchen wir uns einen Weg durch die Stranddünen, und stehen hier weitere 16 Tage ungestört.
 

    
                  Mit Hermann und Lin in den Stranddünen
                                                 von Taghazout
 


 Hermann und Lin sind abgereist,  wir stehen alleine


 Ein Gast zum Frühstück


     Die Kasbah Taourirt, in der Nähe von Ouarzazate

Am 2. August 82 starten wir zu einer kleinen Rundfahrt durchs Inland.

Von Agadir aus fahren wir über Inezgane, und Taroudant nach Ouarzazate, und besuchen dort, nach einer Nacht auf dem Campingplatz, die sehenswerten Kasbahs von Taourirt und Tiffoultout.   (Karte)

Durch den Hohen Atlas, über den Tichka-Pass, gelangen wir nach Marrakech. Wir landen auf dem überfüllten "Camping Municipal", und leiden unter der Hitze nach den langen Wochen am Atlantik. In den folgenden drei Tagen erkunden wir bei 40 Grad die Sehenswürdigkeiten der Stadt, an erster Stelle natürlich die Koutoubia und besonders die Medina mit den Souks und dem Djema el-Fna, doch auch der Bahia-Palast und die Saadier-Gräber und der Souk der Wollfärber kommen nicht zu kurz.   (Karte)


 Das Herz von Marrkech schlägt auf dem
Djema el Fna


  Immer lohnend ist ein Gang durch Souk
und Medina

Über Casablanca fahren wir dann erneut nach Rabat, wo wir tags darauf auf der Deutschen Botschaft am Schalter der Konsularabteilung Briefe mit unseren Zweitpässen entgegennehmen, die die gewünschten und benötigten algerischen Visa enthalten. Und zwei Tage später halten wir auch das neue "Carnet de Passage" in den Händen, gültig bis August 1983.   (Karte)

Nun geht es weiter, über Meknes und Fes, jeweils mit Aufenthalten und Besichtigungen, nach Oujda und zur algerischen Grenze. Am Schalter der marokkanischen Grenzstation sitzt ein blödes Ekel, blättert in den Pässen herum, will alles genau wissen. Wie wir denn nach Algerien rein wollten? Unsere Visa seien doch abgelaufen!

Ich überlege noch, was man wohl antworten könnte, da höre ich schon meine Frau mit dem Brustton der Überzeugung sagen, dass sei alles schon mit dem Konsulat abgesprochen und habe seine Richtigkeit ! Der Typ schluckt es zum Glück, denn die Zweitpässe können wir ja nicht rausholen, die sind im Stande sie zu konfiszieren. Die Zollabfertigung dann ist harmlos. Einer der Zöllner hat Zahnschmerzen, er bekommt zwei Tabletten von uns, dann können wir fahren. Uff!

Jetzt kommen die Algerier an die Reihe. Gleich ein ganz anderer Ton, höflich und freundlich. Wir wechseln Geld, der Pflichtumtausch von 1000 Dinar pro Person tut weh! Dann zahlen wir 90 Dinar für die Autoversicherung. Die Zöllner wollen Näheres über uns und unsere Reise wissen, dann wünschen sie uns eine gute Fahrt. Es ist bereits Mitternacht vorbei, als wir den Schlagbaum passieren

Da wir nicht in der Augusthitze durch die Wüste fahren wollen, haben wir geplant, die Aufenthaltsgenehmigung von 60 Tagen für Algerien voll auszuschöpfen, und uns erst mal ein hübsches Plätzchen an der Küste zu suchen.

Wir versuchen es bei Ain el-Turk ein Stück vor Oran, doch überall wo es schön ist, campieren Massen von Einheimischen.  (Karte)

    
                                Blick auf den Hafen von Oran

So lassen wir, nach einem Besuch der Hauptpost, die Stadt Oran hinter uns, fahren über Arzew weiter nach Osten. Einige Kilometer hinter Mostaganem werden wir endlich fündig. Am Oued Cheliff entlang führt ein unbefestigter Weg vor zu einem weiten Sandstrand.

Einige Zelte, wenig Leute, viel Platz! Sogar ein deutscher VW-Bus aus Oberhausen mit 4 Jungs und 1 Mädchen ist hier, sind auch gerade angekommen. Wir sprechen kurz mit ihnen, lassen dann etwas Luft aus den Reifen, und fahren durch den Sand ein Stück weiter Richtung Meer, um aus dem "Action Center" rauszukommen.                                                          (Karte)

27 Tage lang stehen wir hier am Strand des Oued Cheliff, die meiste Zeit alleine. Als uns das Gas ausgeht, kochen und backen wir drei Tage lang auf offenem Feuer, müssen dazu Treibholz am Strand auflesen.

Den WILU bewegen wir nur selten, nur zum Einkaufen im nächsten Ort oder in Mostaganem, und vier Mal fahren wir nach Oran, da wir ein Paket aus Deutschland erwarten.
 

    
              Am Strand bei der Mündung des Oued Cheliff
 


    Tiefer Sand kann den WILU nicht mehr schrecken


 Gas ist alle, da wird das Kochen romantisch mühsam

Bei unserem dritten Besuch in Oran wird meine Kameratasche aus dem Bus geklaut, mitten in der Stadt! Filmkamera weg, Tonrekorder mit Mikrofon weg, ein belichteter Film und zwei Tonkassetten sind auch weg! Zum Glück habe ich die übrigen Filme woanders aufbewahrt.


                  Blick auf Algier, von der Villa unserer
                                             Gastgeber aus

Eine Woche später ist das vermaledeite Paket endlich da, und wir fahren in zwei Etappen nach Algier, wo wir eine deutsche Familie besuchen wollen, die wir mit ihrem Westfalia-Camper (T3) in Sidi R'bat kennengelernt hatten.

Dank einer Zeichnung finden wir die noch von den Franzosen erbaute zweigeschossige Villa am Stadtrand recht schnell.   (Karte)

Klaus S. arbeitet bei Siemens-Algérie, und lebt hier mit seiner Frau Hanne und seinen drei Töchtern. Gleich am ersten Abend bietet er mir eine Lösung für mein Kamera-Dilemma an, indem er mir seine Ausrüstung nebst Synchronrekorder zum Kauf anbietet, und das zu einem fairen Preis. Erfreut nehme ich das Angebot an, danke Klaus!

Obwohl im Haus Platz wäre, übernachten wir im WILU, und das ist auch gut so. Bereits in der zweiten Nacht werde ich gegen 4.30 Uhr durch ein Geräusch wach. Jemand versucht, die Türklinke herunterzudrücken! Der Schatten einer Person ist deutlich auf dem Vorhang zu sehen. Jetzt beugt er sich hinab zum Türschloss. Ein Einbrecher!

Wie ein geölter Blitz sause ich aus dem Bett hoch, schlage mit der Faust fest gegen das Fenster um ihn zu erschrecken. Ich schaue aus dem Dachfenster, brülle, er solle sich bloss zum Teufel scheren. Der Saukerl stürzt auch entsetzt den Abhang hinunter, als hätte er den Leibhaftigen im Nacken.

Von den 11 Tagen bei Familie S. verbringen wir 7 Tage gemeinsam am Strand von Zemmouri, 60 Km östlich von Algier. Es wird gegrillt, es gibt Wein und Bier, auch Pflaumen- und Apfelkuchen. Welch ein Leben!

Klaus hat sein Schlauchboot und Wasserski mitgebracht, und während die Kinder in dieser Sportart eine beachtliche Fertigkeit besitzen, bekomme ich meinen Hintern kaum aus dem Wasser raus, und wenn es dann für ein paar Sekunden gelingt, stürze ich sogleich kopfüber wieder hinein.

Dabei sieht's so leicht aus...  (Karte)
 

    
                    Mit Familie S. am Strand von Zemmouri


       Markus und Erika besitzen einen Hochraum-T1

Am 4. Oktober verabschieden wir uns von unseren lieben Gastgebern, fahren in zwei Tagen über Bouira, Sétif und Batna durch das Aurès-Gebirge zur Oase Biskra. Man sieht, es geht allmählich wieder in Richtung Süden.

In El Oued treffen wir das Schweizer Paar Markus und Erika, die einen wunderbaren Hochraum-T1-Bus Bj. 1961 ihr eigen nennen.

Sie haben eine ähnliche Route vor wie wir, und somit haben wir die idealen Begleiter gefunden. So fahren wir zusammen gemächlich weiter, über Ghardaia nach El Golea, wo wir uns auf dem Markt mit Kartoffeln eindecken.

Ein Uralt-VW-Bus aus Zimbabwe steht hier vor dem Markt, der muss noch älter sein als meiner.

Als wir an unseren Autos zurück sind, kommt er daher gefahren. Zwei junge Schweizer sitzen drinnen. Sie waren nach Zimbabwe geflogen, kauften sich dort diesen Bus Baujahr 1957 (!), und fuhren nun damit in Richtung Heimat. So kann man es auch machen.  (Karte)

    
                       Tipp-topp Asphaltstrasse bei El Golea

 
Erika und Markus, unsere neuen Reisebegleiter

Mit dem letzten Licht des Tages fahren wir noch raus aus El Golea, und biegen um 18.30 Uhr nach links ab ins Gelände zum Übernachten.

Kaum sind wir am nächsten Morgen auf der Strasse, als ich ein starkes schleifendes, knarrendes Geräusch aus Richtung des linken Hinterrades vernehme. Da ist wohl etwas in die Brüche gegangen. Weiterfahren ist so unmöglich!

Ich bocke das Hinterrad hoch, und nehme die Radtrommel ab. Merkwürdig, die grosse, mit einem Splint gesicherte Kronenmutter war ganz lose! Die Nuten in der Radtrommel sind daher ganz ausgeschlagen! Das Panorama unter der Radtrommel sieht auch wüst aus, ist aber halb so schlimm. Ein Handbremshebel hatte sich gelöst, das Seil war abgequetscht worden. Jetzt schleifte ein Teil des Hebels innen an der Trommel, daher das Geräusch. Ich mache alles sauber, aber die ausgeschlagene Radtrommel bereitet mir Sorgen. Eine Ersatz-Radtrommel haben wir natürlich nicht dabei. Ich schiebe dünne Blechstreifen beim Montieren der Radtrommel mit ein, ziehe dann die Kronenmutter mit aller Kraft fest. Mehr können wir jetzt nicht tun.

Nach Durchquerung des trostlosen Tademait-Plateaus kommen wir am nächsten Tag in Ain Salah an, wo wir als Erstes auf der Daira eine Visaverlängerung beantragen.                                                                                           (Karte)


                           Dünenlandschaft bei Ain Salah

Drei Tage lang campieren wir wieder in "unserer Düne" vom März, unterbrochen von einem Ausflug nach Foggaret Ez-Zoua, wo versteinerte Baumstämme im Wüstensand liegen.


 Versteinerter Baumstamm in Foggaret Ez Zoua

Mit der Visaverlängerung in der Tasche, verlassen wir Ain Salah bei leichtem Sandsturm. Wir kommen durch die Schlucht von Arak, umrunden später das Grabmahl des Moulay Hassan drei Mal, auf dass das Glück bringen möge.

Am Abend des dritten Tages seit Ain Salah umschleicht uns ein Schakal. Er lässt sich nicht verscheuchen, und erst als ich einen Stein in seine Richtung schicke, da trollt er sich. Aber schon überkommt mich die Reue. Ich hätte ihn doch wenigstens mal fotografieren sollen! Also lege ich Fotoapparat und Blitz bereit, doch das Vieh kommt nicht mehr.

Daher baut Markus eine Falle: Eine leere Dose steht auf einem Stück Brot, welches über eine Schnur mit unserer Türkette verbunden ist. Gewünschte Wirkung: Schakal schnappt Brot, dabei macht die Dose Geräusch beim Umfallen, ausserdem zieht Schnur an der Kette welche rasselt, was mich wiederum aus den Träumen reisst, und zum Fotoauslöser eilen lässt. So ist es geplant, doch das Tier kommt nicht wieder.


 Grosse Wäsche in Ain Ecker


 Wasserstelle in Tam. Wir sind wieder hier!

An der Wasserstelle von Ain Ecker machen wir grosse Wäsche, meiden auf der weiteren Fahrt die "Asphaltstrasse", benutzen lieber die alte Piste, und kommen tags darauf in Tamanrasset an, wo zu Anfang des Jahres so lange festgesessen hatten.                                                            (Karte)

Eingedenk der Schwierigkeiten, bunkern wir zuerst so viel Benzin wie wir bekommen können. Dann fahren wir zum Campieren hinaus in die Nähe der Tahabort-Quelle. Wir sind wieder in Tamanrasset, und noch immer mit dem gleichen reparierten Schwungrad!