Die grosse Reise zur Elfenbeinküste

Teil 4
Von In Guezzam nach Niamey - Von der Sahara in den Sahel
30.10. - 29.11.1982
 
(Reiseroute Teil 4)

Nach vier Ruhetagen holen wir uns auf der Polizeistation die Ausreisestempel, und verlassen dann Tam in Richtung Süden. Es soll nun endlich nach Niger gehen! Am Abzweig nach In Azaoua sind wir äusserst wachsam, um nicht wieder falsch zu geraten.

  Auf der Piste nach In Guezzam

 


  Es geht endlich wieder in Richtung Niger


 Ein Mäuslein futtert unsere Maiskörner

Abends gehen wir hinter einigen Felsen in Deckung, machen Puffmais in der Bratpfanne, und füttern eine Wüstenmaus mit den Körnern, die sich nicht geöffnet haben.

 
In den langen Sandpassagen bleiben wir zweimal stecken


      An einem ausgebrannten Wrack bauen wir eine                                       der Radtrommeln ab

Der nächste Tag bringt lange Sandpassagen, bei denen wir zweimal stecken bleiben, und endet an einem ausgebrannten VW-T1-Wrack, an dem wir in mühsamer Arbeit eine der hinteren Radtrommeln abbauen. Vielleicht werden wir sie ja bald brauchen.

So liefert die Wüste Ersatzteile!  (Karte)

Während wir beim Frühstück sitzen, kommt ein deutscher Mercedes-Pkw vorbei, im Geleit ein Kastenwagen. Sie wollen wissen, ob wir ein Schweissgerät dabei hätten. Der Mercedes habe ein Loch in der Ölwanne. Ich erwidere, das wir eine "Möglichkeit des Schweissens" hätten. "Chef" ist ein alter Knacker, der die Anderen, drei Männer und eine Frau, rumkommandiert. Winfried heisst die arme Sau, die alles machen muss.

Während ich fertig frühstücke, bauen sie die Ölwanne des Pkw ab. Sie haben kein passendes Werkzeug, nicht mal das Öl ablassen können sie, so dass das Ganze ein viehisches Gemurkse wird. Winfried ist hinterher total mit Öl eingesaut.

Ich klemme das Starthilfekabel an die zwei Batterien des Kastenwagens, stecke eine Elektrode auf, und schweisse dann den Riss sauber zu. Die können es kaum fassen, halten mich für den grossen Meister. In der Tat hätten die den Mercedes aufgeben müssen, wenn sie uns nicht gerade getroffen hätten. Der Knacker gibt mir 150 DA fürs Schweissen, und kauft mir noch für 100 DA zwei Schweisselektroden ab. Gutes Geschäft heute!


 Wir passieren die Dünen von Laouni
 


 Leichte Lenkbewegungen verhindern ein
 Einsinken der Vorderräder

Heute passieren wir die Sandregion von Laouni, begleitet von einem leichten Staubsturm, und Markus, der mit Normalreifen unterwegs ist, bleibt sieben Mal stecken. Den WILU, mit seinen breiteren Gürtelreifen, erwischt es hingegen nur zwei Mal.

Wir nähern uns der Grenzstation von In Guezzam, müssen zuvor aber noch einige Sandfelder überwinden. Der Grenzort macht einen recht trostlosen Eindruck. An der Tankstelle vertanken wir das letzte Kleingeld. Ich muss mit der Hand pumpen, da der Strom ausgefallen ist. Dann ein Stück zurück zum Brunnen, wo wir die Kanister auffüllen. Das Wasser ist zwar trüb, aber es gibt kein besseres.

Dann fahren wir zum Zoll am Ende der Strasse. Einige Peugeot-Fahrer sind hier, und auch der deutsche Mercedes aus Unna und der Kastenwagen stehen hier. Winfried, der Mann fürs Gröbste, ist sogar wieder einigermassen sauber geworden.

Die Zöllner verkünden uns, dass wir uns zu gedulden hätten, die Wagen würden einer nach dem anderen abgefertigt.

    
                Die algerische Zollbaracke von In Guezzam

Die Leute mit dem Mercedes haben Ärger mit den Zöllnern. Sie bedeuten uns, besser nicht mit ihnen zu sprechen, wir könnten sonst mit hinein gezogen werden. Muss ja was Ernstes sein!

  Auf der Piste nach In Guezzam
 


         Eine Karawane lagert malerisch an der Grenze

Unweit der Piste lagert eine herrlich malerische Karawane. Ich filme sie heimlich und verdeckt von dem Dachfenster aus, während Markus zu offen mit seinem Fotoapparat umgeht.

Ein Zöllner kommt herbei, und verlangt von ihm die Herausgabe des Filmes. Geistesgegenwärtig gibt er ihm ein Stück Schwarzweissfilm aus der anderen Kamera, dieser Verlust ist nicht so schwer.          (Karte)

Nach einer Nacht im Niemandsland geht die Fahrt am nächsten Tag weiter, zum knapp 30 Km entfernten Grenzposten des Niger. Zunächst weist die Piste wenig Sand auf, doch dann liegt vor uns eine ausgedehnte Sandebene, die uns auch schon mehrfach als ziemlich schwierig geschildert wurde. Die Mercedes-Leute aus Unna stehen auch hier. Was war denn nun los, gestern am Zoll? Der Hauptärger kam wohl von einer Unstimmigkeit beim Pflichtumtausch, da der Knacker für alle getauscht hatte, die anderen hingegen gar nicht. Dann haben sie sich wohl auch blöd und ungeschickt dort aufgeführt, sowas eskaliert ja schnell.

In Erwartung des „Weichsandmeeres“ lassen wir Luft ab bis 1,5 atü, und ab geht die Post! Ohne steckenzubleiben kommen wir prima durch, aber wir treffen auf zwei stark eingesandete Schweizer, denen wir heraushelfen. Bald darauf kommen wir an der Zollstation Assamaka an. Wir geben unsere Pässe in der Hütte ab, und richten uns auf eine längere Wartezeit ein.

Dann kommt der Befehl aus der Zollhütte, alles Gepäck sei auszuladen! Wir versuchen, das nicht allzu wörtlich zu nehmen, aber dennoch guten Willen zu zeigen. Wir stellen Tisch und Stühle vor dem WILU auf, auf welche wir die grösseren Gepäckstücke legen, dann harren wir der Dinge die da kommen. Mit stoischer Akribie durchsucht ein Uniformierter das Auto, bestimmt eine halbe Stunde lang. Jede Klappe, jedes Döschen wird geöffnet.... Da braucht’s viel Geduld! Ein Päckchen Aspirin hätte er noch gerne, aber bitte schön! Als das überstanden ist, kommen noch die Formalitäten mit dem Carnet. Für "aussergewöhnliche Aufwendungen" kassiert man stolze 4.600 CFA (=30,50 DM)!

Nun sind wir endlich in der Republik Niger. Es folgen noch 1 ½ Tage Pistenfahrt über weite Sandebenen, bis wir Arlit erreichen. Wir melden uns pflichtgemäss bei Polizei und Zoll, suchen dann die Tankstelle auf. Der Tankwart amüsiert sich königlich über das Waschbecken in unserem Auto. Alle sind freundlich und gut gelaunt. Eine böse Überraschung ist allerdings, dass das Benzin hier ist sehr teuer ist, 187 CFA der Liter! Das sind 1,40 DM!    (Karte)

 
 Eine Piste, "nur für Geländefahrzeuge", führt uns zu interessanten Felsgravuren

Auf tadelosem Asphalt geht es weiter, doch folgen wir bald 5 Km einer sehr sandigen Piste (laut Reiseführer "nur für Geländefahrzeuge"), auf der wir zu einer Felsgruppe mit hochinteressanten prähistorischen Felsgravuren gelangen.

Neben vielen kleineren Darstellungen von Giraffen und Antilopen beeindruckt ganz besonders die fünf Meter grosse detailgetreue Gravur einer Giraffe.
 

    
                           Fünf Meter misst die grosse Giraffe

Früh am Morgen des nächsten Tages treffen wir in Agadez ein. Dort gibt es sowas wie einen Campingplatz, eigentlich ganz schön, mit vielen Bäumen, in denen bunte Vögel sitzen. Sogar ein Swimmingpool ist vorhanden, aber leider ist der total verdreckt. Trinkwasser muss mühsam aus einem Brunnen gehoben werden. Auf jeden Fall kann man sich hier etwas zurückziehen. Allerdings kommen ständig Leute, die uns was verkaufen wollen, z.B. Schmuck, Gemüse, lebende Hühner, oder die etwas von uns haben wollen. Dazu wühlen einige Jungen alle paar Minuten mit Inbrunst in der vollen Mülltonne herum.

Vier Tage verbringen wir in Agadez, bestaunen das aus Lehm gebaute Minarett der Moschee, bummeln mehrmals über den Markt, und erlauben uns ab und zu eine Flasche "Bière Niger", ein Bier einheimischer Brauart.   (Karte)


 Ruhige Gasse in Agadez
 


 Auch  Moschee und  Minarett sind aus Lehm
 


 Ein Gang über den Markt


 Wir schauen einem Silberschmied bei der Arbeit zu

Am letzten Tag ruhen wir uns auf dem Campingplatz nochmal aus, waschen die Wäsche, und nehmen kleine Reparaturen vor. Ein Opa, dem wir schon mal Tomaten abgekauft haben, kommt vorbei mit einem Huhn in der Hand, und preist es an mit den Worten: "Der Supermarkt bietet heute: Huhn und Tomaten..." Ich muss zwar lachen, aber das Huhn möchte ich dennoch nicht kaufen. Eine Gruppe deutscher Autoverkäufer, die sich gestern gut mit Whisky abgefüllt hat, kauft das arme Tier. Schon bald haben sie es gerupft.

Mit unserem Kurzwellenradio empfangen wir dann die beunruhigende Nachricht von einem Putsch im Nachbarland Obervolta! Da wollen wir doch bald hin!

Bevor wir Agadez den Rücken kehren, filme ich bei einer Rundfahrt mit verdeckter Kamera aus dem Auto heraus, denn in ganz Niger gilt Filmverbot. In den nächsten drei Tagen bewältigen wir die fast 1.000 Km lange Strecke zur Landeshauptstadt Niamey. Wir wählen die Route über In Gall, Tahoua, Dogondouchi, und Dosso.                                                              (Karte)

 
Die Wüste geht über in Steppe und Grasland

Allmählich ändert das Land seinen Charakter. Die Wüste geht über in Steppe und Grasland, wir kommen in den Sahel. Wir sehen Tümpel, die noch von der sommerlichen Regenzeit übrig geblieben sind, an einem flattern Tausende von Schmetterlingen, an anderen lagern Rinder, mit ihren langen, geschwungenen Hörnern.

 
Die Regenzeit hat Tümpel hinterlassen, an denen sich die Schmetterlinge tummeln


 Rinderherden umlagern die Wasserlöcher


 Eines der vielen Dörfer am Wegesrand

Entlang der Strasse reihen sich zahlreiche Dörfer, das macht es unmöglich, unbeobachtete Standplätze zu finden. Obwohl wir jeden Abend weit ins Gelände fahren, erwarten uns jeden Morgen Dutzende von Schaulustigen jeden Alters, wenn wir noch verschlafen aus unseren Autos klettern. Freundlich und neugierig beobachten sie jeden unserer Handgriffe, wir sind für sie wie Kino.

In Niamey angekommen, melden wir uns zuerst bei der Polizei. Ich weigere mich standhaft, unser Carnet de Passage hier zu hinterlegen, und dann geht’s in den Supermarkt "Score", mit Klimaanlage und einem Angebot "wie zu Hause". Tolles Fleisch, eine Tiefkühltruhe, etc. Aber Preise, dass einem die Augen rausfallen! Fleisch ist wohl recht billig, aber die Konserven etwa, oder der Wein... Klar, das ist ein Supermarkt für hier lebende Europäer und wohlhabende Einheimische. Und was sind wir? Arme reiche Globetrotter...

Wir nehmen erst mal 1 Beutel Kartoffeln und 4 Flaschen Bier mit, dann beginnt die Suche nach dem Campingplatz. Den finden wir auch in Richtung Tillabéry. Der Platz ist sehr gross, mit schattenspendenden Bäumen, sandigem Boden, recht guten Toiletten und Duschen. Hier verbringen wir die nächsten acht Tage, mit Marktbesuchen, Reparaturen und Wartungsarbeiten am WILU, besuchen auch das sehr schöne landeskundliche Museum. Die Anlage ist wirklich sehr schön und liebevoll gemacht.    (Karte)


 
     Im Landeskundlichen Museum gibt's auch Hippos

Eigentlich ist es eine Mischung aus Museum und Zoo. Wir sehen Löwen, Krokodile, Hyänen und Flusspferde.

Ferner besuchen wir den Pavillon mit Trachten, und das "Mausoleum" des Baumes von Tenerè.

Im Haussa-Dorf finden wir es sehr gemütlich, erstaunlich kühl ist es in solch einer Hütte.

Ein paar Mal noch suchen wir den Supermarkt "Score" auf, kaufen dort grosse Rumpsteaks. Das Beste an dem Supermarkt ist aber die Klimaanlage, ach ist das angenehm! Ein echter Genuss ist es, die Hand in die Kühltruhe zu stecken. Aber wenn man wieder auf die Strasse hinaustritt, trifft einen die Hitzekeule mit voller Wucht!

Den vorerst letzten Nachmittag in Niamey verbringen wir mit Markus und Erika im städtischen Schwimmbad, mit schönem Ausblick auf den Fluss Niger, gepflegtem Rasen, sauberem Wasser, und einem 3-m-Sprungbrett. Wir kaufen 1,3 Kg Rinderfilet, und fahren dann zusammen nach Norden, in Richtung Tillabéry.                                                         (Karte)

Nach zwei Polizeikontrollen biegen wir beim Wegweiser zu dem geschlossenen Camp "Rio Bravo" ab in die Pampa. Markus macht grosse Mengen Bratkartoffeln, ich brate auf dem Gasbrenner wunderschöne Stücke Rindsfilet. Sind butterzart und schmecken himmlisch! Dazu gibt es Gurkensalat und auch noch Bier, wie im Schlaraffenland. Eine Riesenspinne, die uns zwischen den Füssen herumsaust, stört die Gemütlichkeit. Erst als Markus einen Eimer über sie stülpt, ist Ruhe.

Unser Ziel ist der kleine Ort Ayorou, direkt am Niger, bekannt für seinen grossen Sonntagsmarkt. Hier werden wir uns auch von Markus und Erika verabschieden, die ab hier die Heimreise über die Tanezrouft-Piste antreten werden.

Wir passieren eine weite Ebene mit einem der typischen Dörfer aus Strohhütten, davor erhebt sich die gewaltige Parabolantenne einer Satellitenfunkstation. Welch ein Gegensatz! Ab Tillabéry haben wir keinen Asphalt mehr, aber die Piste lässt sich gut befahren. Ich lasse etwas Luft ab, das schont das Fahrwerk (und die Insassen), 40-50 Km/h können wir fahren. Hin und wieder bieten sich schöne Ausblicke auf das Nigertal, doch es ist sehr dunstig. Etwas ausserhalb von Ayorou finden wir einen schönen Standplatz, und verbringen hier den vorletzten Abend zusammen.  (Karte)

Um 10.00 Uhr fahren wir zum Markt. Auf dem grossen  Platz oberhalb des Nigerufers, der gestern fast menschenleer war, herrscht jetzt ein eindrucksvolles Getümmel.

Kamele, Rinder, Esel und Ziegen werden hier gehandelt, daneben Hausrat und Utensilien aller Art.

    
                       Wir besuchen den Markt von Ayorou

Von weit her aus dem Umkreis kommen die Menschen, und alle möglichen Stämme und Rassen der Sahelbewohner sind hier vertreten. Wir parken am Rande des Platzes, und gleich umringt uns eine Schar Kinder mit "Bon arrivée" und ähnlichem. Wir schütteln sie ab, und beginnen unseren Rundgang durch das farbenfrohe Treiben. Ich filme, mache Tonaufnahmen, die Leute haben nichts dagegen.


 Was die wohl aushecken?
 


 Auf dem Markt herrscht eine angenehme Stimmung
 


 Jeden Sonntag kommen die Menschen von weit her


 Geschäftiges Treiben auch am Ufer des Niger

Wir erliegen den Genüssen frischen Zuckerrohrs, und nach zähen Preisverhandlungen besteigen wir am Flussufer eine der schmalen Pirogen. Der Bootsführer paddelt los, und wir gleiten lautlos über den Fluss. Teilweise ist die Wasseroberfläche dicht bedeckt von Seerosen, und wir sehen viele bunte und exotische Vögel. 45 Minuten dauert die Fahrt, von mir aus hätte es länger gehen können.


 Pirogen-Ausflug auf dem Niger


  Seerosen bedecken die Wasseroberfläche

Um 8.00 Uhr ertönen zum letzten Male die Klänge der Brandenburgischen Konzerte, mit denen uns Markus während der gemeinsamen letzten sechs Wochen zu wecken pflegte. Wir verabschieden uns herzlich mit den besten Wünschen für die weitere Fahrt, sie fahren nun über die Tanezrouft-Piste zurück nach Norden.

Wir stehen noch lange da, und winken ihnen nach. Jetzt sind wir also wieder alleine! Das ist schon eine Umstellung, nach langen Wochen netter Gesellschaft. Und Markus und Erika waren wirklich sehr liebe, angenehme Reisebegleiter.

In rascher Fahrt geht’s über Tillabéry zurück nach Niamey, wo wir am frühen Nachmittag wieder auf dem altbekannten Campingplatz eintreffen, um dort noch ein paar Tage zu verweilen.

Die Nachrichten der "Deutschen Welle" auf Kurzwelle bringen wieder eine schlechte Meldung: Putsch in Ghana, d.h. ein misslungener Putschversuch! Auf jeden Fall sind die Grenzen geschlossen! Abends höre ich RSA (Radio Südafrika), dort werden die Meldungen bestätigt. Die Strecke Ghana-Togo-Benin wollten wir doch für die Rückfahrt benutzen!      (Karte)