Jugoslawien - Griechenland - Türkei - Persien

16.7. - 13.10.1974


Teil 4

So kommt der 20. August, Tag der Abreise unserer Freunde, und wir begleiten sie zum Hafen von Heraklion. Heute sollen sogar zwei Fähren nach Athen gehen, die "Rethimnon" und die "Sofia". Während Barnie und Peter versuchen, in einem der Schiffahrtsbüros in der Stadt Billets zu bekommen, schauen wir zu, wie bereits Autos mit dem Kran auf Deck verladen werden. So haben wir unsere Zweifel, ob unsere Freunde noch mit an Bord kommen.  (Karte)

 
Es werden bereits Autos an Deck verladen, und noch ist es ungewiss ob unsere Freunde mitkommen

Barnies Bus ist eines der letzten Fahrzeuge, die im Schiffsbauch Platz finden, und dann geht’s plötzlich ganz schnell. Noch ein rascher Händedruck, und schon eilen sie die Gangway hoch und stehen an der Reling. Patrizia weint, und bei Abi scheinen auch ein paar Tränen zu kullern. Es dauert dann doch noch eine Weile, bis das Schiff den Hafen verlässt, und wir winken noch lange hinterher.

 
Barnies Bus fährt in den Laderaum, und dann kommt der Abschied

Inzwischen ist es dunkel geworden, und Connie und ich sind nach knapp zwei Wochen nun wieder alleine. Bei aller gelegentlicher "Gruppendynamik" waren es doch sehr schöne Tage, die wir zusammen verbracht haben.

Am nächsten Tag nehmen wir einen Ortswechsel vor. Nach einem Teller Spaghetti in der Campingplatzkneipe tuckern wir auf der alten Strasse gemächlich nach Rethimnon, wir haben Zeit.  (Karte)

  "Impressionen aus Rethimnon"

Auf dem Camping Arkadia finden wir eine ganz schöne Ecke. Der Platz ist inzwischen fast vollkommen verwaist, es stehen hier gerade noch fünf Zelte.

  
  Fast alleine stehen wir auf dem Camping Arkadia

Wir machen Kassensturz und klären unsere Finanzen, dann brüten wir über Karten und Fahrplänen, unser weiterer Reiseverlauf ist ja noch nicht geklärt. Wir haben ein paar mal Nachrichten im Radio gehört, und die Zeitungsschlagzeilen über die Ermordung des amerikanischen Botschafters Davies auf Zypern gesehen, doch ausser eines weiteren Vormarsches türkischer Truppen auf Zypern hat sich die Lage nicht grundlegend geändert. Es sieht momentan nicht so aus, als ob ein offener Krieg zwischen Griechenland und der Türkei unmittelbar bevorstünde.

Jedenfalls müssen wir eine Entscheidung treffen, bevor uns die Zeit davonläuft. Drei mögliche Lösungen stehen zur Debatte: Die erste, eine Route über Sizilien - Nordafrika - Spanien, fällt bei näherer Kostenkalkulation aus, sie ist zu teuer. Die zweite Möglichkeit wäre, bis Oktober ganz einfach in Griechenland zu bleiben. Und die dritte schliesslich wäre, es trotz aller Widrigkeiten zu versuchen, über die Türkei nach Persien zu kommen.

Wir beschliessen, Letzteres zu versuchen. In Athen wollen wir alle Erkundigungen einziehen, die zu bekommen sind, und falls sich die Lage bis dahin nicht merklich verschlechtert, können wir die Fahrt wohl wagen.

Zunächst bleiben wir aber die nächsten zehn Tage in Rethimnon, auf diesem Campingplatz. Wir liegen viel am Strand und baden, lesen Reiseführer, und machen uns mit den persischen Zahlen vertraut.

Abends gehen wir gerne in den romantischen Hafen, sitzen dort an den mit Wachstuch bespannten Tischen, essen eine Kleinigkeit, wie zum Beispiel Salat und Keftedes.

 "Impressionen aus Rethimnon"

  
  In Rethimnon bleiben wir noch zehn Tage

Auch vertreiben wir uns die Zeit mit Canasta, und gehen auch noch einmal ins Kino, wo "Erik the Viking" gezeigt wird.


 Eine typische Szene:  Männer beim Tavli-Spiel
 


 Unser Lieblingsort, der alte venezianische Hafen
 


      Denkmal zu Ehren des "Brandstifters von Arkadi"

An einem der Nachmittage unternehmen wir einen Ausflug zum Kloster Arkadi, dem Symbol des kretischen Widerstandes gegen die türkische Besatzung, vor über 100 Jahren.

Die Fahrt dorthin ist sehr schön, die Anlage ist sehr lauschig, obgleich sich hier eine grosse Tragödie zugetragen hat.

Von den Türken eingeschlossen und belagert, haben sich hier im Jahr 1866 an die 1000 Männer, Frauen und Kinder selbst in die Luft gesprengt...

 
Im Kloster Arkadi hat sich eine grosse Tragödie abgespielt, eine kahle Zypresse erinnert daran

In einem Lokal in der Nähe schlabbern wir noch eine Limonade, und werden dabei Zeugen, wie am Nebentisch fachkundige Deutsche das Geheimnis der Feigenbäume lüften: "Sie sind eine Art Ahorn..." Auch der griechischen Küche entreissen sie ein Geheimnis: "Ein Schischiwab (= Shish Kebab) ist ganz einfach Schaschlik...!"

An einem der letzten Abende lauschen wir im ländlichen "Exoxikon Kentron" einer Life - Darbietung kretischer Musik. Drei nette Soldaten sitzen bei uns am Tisch, einer stammt aus Ierápetra, er arbeitet dort bei "Minos Rent a Car". Wegen der Zypernkrise wurde er eingezogen, hofft aber, dass er nicht zum Einsatz kommt.

Bei einem Einkaufsbummel kaufen wir eine LP mit kretischer Volksmusik, und erstehen auch für 14 DM einen Holzbalken, der unsere Rettung bei einem möglichen Federbruch sein soll. Das Trauma vom letzten Jahr in Algerien sitzt tief...

 
So allmählich gehen unsere ruhigen Tage in Rethimnon zu Ende

Dann rückt unsere Weiterfahrt näher. Ich mache das Auto fit für die weitere Reise, dazu gehört ein Ölwechsel, der Einbau einer neuen Hardy-Scheibe an der Lenkung, Überprüfung der Batteriesäure, etc.

Am 1. September schwimmen wir eine vorläufig letzte Runde im Meer, und kaufen dann Billets für die Fähre "Kydon", welche um 18.00 Uhr in Hania ausläuft.

Anschliessend legen wir die 70 Km nach Hania zurück, und setzen uns in eines der Strassenlokale im alten Hafen.

Hier treffen wir eine der Amerikanerinnen aus Kostas’ Garten aus Ierápetra wieder, mit der wir nett plaudern.

   
   Mit der "Kydon" verlassen wir Hania in
Richtung Athen

Dann fahren wir hinüber zum neuen Hafen in Souda. Wir kommen sofort aufs Schiff, die „Kydon“ ist eine moderne Autofähre mit 3 Autodecks.


             Frühmorgens, bei der Ankunft in Piräus

Das Schiff tutet, Connie wird davon wach und ruft: "Wir sind in Piräus!" Ich will’s nicht glauben, doch es stimmt.

Schon um 6.00 Uhr sind wir mitten im Hafen, die aufgehende Sonne lugt gerade über die Häuser. Es war eine ruhige und schnelle Überfahrt.

Wieder haben wir oben an Deck geschlafen, mit Luftmatratze und Schlafsack.

In einem Strassenlokal am Hafen frühstücken wir Milchkaffee und zwei extrem süsse Stückchen.

Dann erkundigen wir uns nach Schiffsverbindungen zur Türkei. Doch es gibt keine, die sind alle eingestellt. Tja, was nun?

Dann fahren wir eben doch auf dem Landweg! Jetzt wollen wir es wissen!
 

  
  Kurze Beratung in Athen, wir fahren weiter!
 

Es ist noch früh am Morgen, gegen 8 Uhr, doch bis wir aus Athen rauskommen dauert eine Weile, denn ich habe die Umgehungsstrasse verpasst.

Von Athen nach Saloniki benutzen wir die Autobahn, und von Saloniki fahren wir dann noch bis nach Kavala, auf den Campingplatz.   (Karte)

 
Wir übernachten im nordgriechischen Kavala

Abends wird es dann schwierig, ein gewöhnliches Restaurant zu finden. Alle sind ziemlich vornehm und teuer, nicht nach unserem Geschmack. Wir essen dann doch noch was am Hafen. Kavala bietet einen schönen Anblick, hat uns sonst aber etwas enttäuscht.

Der Campingplatz von Kavala liegt direkt am Meer, und verfügt über einen herrlichen Strand. Klar, dass wir da am Morgen erst mal baden gehen, auch wenn das Wasser etwas kühler als in Kreta ist.

Dann fahren wir weiter in Richtung Osten, in Richtung Grenze. Bald wird es sich zeigen, ob uns die Türken einreisen lasen! Hinter Alexandroupolis sehen wir rechts und links grosse Zeltlager von Soldaten, sonst ist alles ruhig.  (Karte)

An der griechischen Grenzstation treffen wir einen netten Ungarn, sowie einen ca. 40 Jahre alten Mopedfahrer, der auf die Nase gefallen war. Die Grenzbeamten sprechen ulkigerweise alle deutsch, und sie sind sehr nett.

   
  Spannender Moment:  Wir fahren über den Grenzfluss Evros

Angespannte Fahrt über den Grenzfluss Evros. Auf der Mitte der Brücke stehen sich griechische und türkische Grenzposten direkt gegenüber. Die Griechen in historischer Evzonen - Tracht, ausgestattet mit Vorderladern, die Türken in martialischen Kampfanzügen, bewaffnet mit Maschinenpistolen. Es dürfte klar sein, wo unsere Sympathien liegen...

Auch auf türkischer Seite geht dann aber alles glatt, wir können problemlos in die Türkei einreisen! Sind wir erleichtert! Dass es so einfach gehen würde, damit haben wir noch vor vier Wochen nicht im Traum gerechnet!

 
      Türkische Militärkolonnen kommen uns entgegen

Auf der weiteren Fahrt in Richtung Istanbul kommen wir durch das Aufmarschgebiet der türkischen Armee.

Wir sehen Militärlager zu beiden Seiten der Strasse, Geschütze in Stellung, endlose Militärkolonnen kommen uns entgegen.

Kein Zweifel, die Türkei hat mobil gemacht.

Wir fahren zum Campingplatz von Ataköy, kurz vor Istanbul. Der Platz wurde neu eröffnet, ist jetzt nicht mehr unten bei den Motels. Zum Essen gehen wir nach Ataköy, und trinken dann in der Campingplatz-Kneipe noch ein Tuborg - Bier. Jetzt kommen wir also doch noch nach Persien!  (Karte)


               Unterwegs ins Zentrum von Istanbul

Am Morgen fahren wir nach Istanbul rein, und besuchen den Bazar.

Anschliessend essen wir in "unserem" Restaurant (Reise 1972), aber hier gibt es inzwischen eine neue Besetzung, und es ist nicht mehr so gemütlich.

Dermassen gestärkt, folgt ein Rundgang zur Blauen Moschee "Sultan Ahmet" und zur Hagia Sophia.

  "Impressionen aus Istanbul"

Zum Abschluss suchen wir noch die Galata - Brücke auf, und die nahe Hauptpost, wo ein Brief aus der Heimat schon lange auf uns wartet.


  Auf der Galata-Brücke am Goldenen Horn
 


 Blick zur Süleymaniye-Moschee
 

Dann geht’s auf der neuen Bosporus-Brücke nach Asien, und als wir Üsküdar in Richtung Ankara verlassen, ist es bereits 16.00 Uhr.

In Bolu, das berühmt ist für seine guten Köche, essen wir zu Abend. Den Tag beenden wir auf  einem "BP-Mocamp" in der Nähe von Ankara.  (Karte)
 

 
        Zum ersten Male überqueren wir den Bosporus
                            auf der neuen Hängebrücke

 
             Ankara erscheint uns wie ein riesiges Dorf

Ankara erscheint uns wie ein riesiges Dorf, das auf mehrere Hügel verteilt ist.

Der moderne Teil ist verhältnismässig klein und überschaubar.

Nachdem wir uns dort etwas umgesehen haben, setzen wir die Fahrt fort.

 
Der moderne Teil ist verhältnismässig klein und überschaubar

Wir haben uns für die Route entlang der Schwarzmeerküste entschieden.

Am Schwarzen Meer finden wir eine herrlich üppige und grüne Landschaft vor.

Grüne Wiesen und Wälder, schöne Strände und Buchten, freundliche Leute.
                       
(Karte)

  
   Von Ankara aus fahren wir zum Schwarzen Meer

 
Die Schwarzmeerküste steht in starkem Kontrast zu dem kargen Anatolien

So gelangen wir über Samsun nach Ordu, wo wir uns für 2 DM pro Kopf im Sehir Oteli einquartieren. Das ist billig, und die Betten sind trotzdem sauber. In einem Lokal gegenüber des Hotels essen wir dann auch noch gut zu Abend.  (Karte)

Schon früh sind wir raus aus den Federn. Als wir zum Auto gehen, spricht uns ein Einheimischer an, der in Deutschland arbeitet, und jetzt in der Heimat auf Urlaub ist. Er lädt uns ein, und wir trinken Tee in der Werkstatt seines Bruders.

Ein Arbeitskollege gesellt sich hinzu, und ein reicher Nussexporteur. Unser Türke arbeitet bei Mannesmann in Düsseldorf, und er muss schon bis kommenden Montag wieder zurück sein. Das stinkt ihm. Eine Portion Haselnüsse wird herbeigeordert, und der "Kapitalist" reisst die Unterhaltung an sich, und palavert mit Connie auf französisch.