Syrien und Jordanien
9.7.1980  -  19.8.1980

Teil 2

Gegen 9 Uhr beginnen wir mit der Besichtigung der Ruinen, noch sind die Temperaturen angenehm. Am Baal-Schamin-Tempel vorbei gehen wir zum Triumphbogen, von dort die Kolonnaden entlang zum Theater und zur Ágora. Als wir schliesslich am Tetrapylon ankommen, ist es bereits sehr heiss geworden. Mit Hilfe unseres Reiseführers machen wir uns mit der bewegten Geschichte Palmyras und dem Schicksal seiner Königin Zenobia vertraut. Vieles ist hier noch unter dem Wüstensand verborgen.


  Palmyra
   


 Der Triumphbogen des Kaisers Hadrian
 


 Die Ágora, ein wichtiger Markt vor 2000 Jahren
 


 Das wieder errichtete "Tetrapylon".  Die Statuen sind verschwunden
 


 Palmyra wird überragt von einem arabischen Kastell aus dem 16. Jahrhundert
 

Quer übers Gelände gehen wir zum Hotel zurück, und trinken eine grosse Flasche Dreikich-Mineralwasser. Bleibt noch der grosse Baal-Tempel. Wir fahren mit unserem Bus hin.

Eine imposante Anlage, in der wir die einzigen Besucher sind. Die Hitze macht mir jetzt schwer zu schaffen, denn die hohen Mauern halten jeglichen Luftzug ab.              (Karte)

  Palmyra

    
                        Beeindruckt auch durch seine Höhe:
                                  Der Baal-Tempel in Palmyra

Zu guter Letzt fahren wir nach Tadmor, um noch das Museum zu besuchen. Dort hat man aber nicht die rechte Lust, Besucher einzulassen. Der Typ an der Kasse behauptet, das Museum sei bereits geschlossen. Erst ein energischer Hinweis auf die Öffnungszeiten, im Ramadan bis 15 Uhr, führt zum Erfolg, und wir kommen hinein.

Wir schleppen uns durchs Erdgeschoss, wo die Ausgrabungsfunde ausgestellt sind. Sogar zwei Mumien sind hier, aber leider steht keine Erläuterung dabei. Als wir auch in den 1. Stock hinauf wollen, finden wir die Treppe abgesperrt. Vorhin war sie noch offen! Aber meine Frau rollt die Augen, und schon wacht einer der Wärter auf, die am Eingang rumliegen und pennen, und lässt uns nach oben. Hier befindet sich eine ethnologische Ausstellung: Nomadenzelt, Geschirre für Kamele, Handwerker, Wohnräume, Küche etc. Alles sehr liebevoll gemacht.

Danach trinken wir in einem "Saftladen" eine leckere Bananenmilch, werden dabei von einem Einheimischen in auffällig kariertem Anzug angesprochen. Er will uns unbedingt in das Haus eines Freundes einladen, Widerrede wird nicht geduldet, also lassen wir uns auf das Abenteuer ein. Smalltalk auf englisch während der Fahrt. Unvorsichtigerweise erzähle ich, dass wir zwar schon länger verheiratet sind, aber noch keine Kinder haben. Das macht ihm schwer zu schaffen.

Nach 20 Km folgen wir einer holprigen Piste zu einigen einfachen Steinhütten. Ein Auto mit saudischem Kennzeichen überholt uns, drin sitzt der Freund unseres Freundes, dessen Gastfreundschaft wir nun geniessen. Wir nehmen Platz in einem mit Teppichen ausgelegten Raum, ringsum liegen die üblichen flachen Sitzpolster, das einzige Möbelstück ist ein riesiger Ventilator. Man serviert uns Tee und plaudert zunächst angenehm. Wie teuer ein Mercedes in Deutschland sei, etc.

Der saudische Scheich möchte auch ein deutsches Mädchen heiraten, wir sollen ihm eines vermitteln. Eine der Frauen des Scheichs kommt, plärrt was rum, ein Kind plärrt auch. Der Sohn des Scheichs serviert nun Limonade: amerikanische Kool-Aid. Unser Freund mit dem auffälligen Anzug bittet mich, in seinem Namen einen Liebesbrief an eine gewisse Helga in Deutschland zu schreiben, mit der er angeblich verlobt sei.

Dann geht’s los mit dem leidigen Thema "Kinderlosigkeit". Das interessiert alle sehr. Ob wir denn schon beim Arzt gewesen seien, da müsse doch was nicht stimmen! Meine zaghaften Erklärungen verhallen ungehört. Zu gross ist die Kluft zwischen ihrer Kultur und der unsrigen. In Homs gäbe es eine gute "Doctura Fatma", die hätte schon vielen kinderlosen Frauen geholfen. Sie wollen uns unbedingt nach Homs schleppen, lassen nicht locker. Man befiehlt uns quasi, die Nacht hier zu verbringen, mit Feiern, Essen und Fernsehen. Und morgen dann führen wir alle zur "Doctura" nach Homs!

Langsam wird’s uns ungemütlich. Die Frau läuft schon draussen rum und verkündet das grosse Fest am Abend! Mit Anstand kommen wir hier nicht raus, uns bleibt nur der abrupte Aufbruch, auch wenn’s alle Regeln der Gastfreundschaft bricht und furchtbar unhöflich ist! Wir stehen auf, kündigen unsere Absicht an, nun nach Homs zu fahren, und zwar alleine.

Grosses Erstaunen und allgemeine Bestürzung. Draussen lässt uns der Scheich einfach stehen, er ist gekränkt. Von seiner Seite aus verständlich, aber wir müssen unsere Integrität retten. Unser karierter Freund ist immer noch der Meinung, dass wir nun zusammen mit ihm nach Homs zur Doctura führen. Doch wir fahren zurück nach Tadmor, setzen ihn dort ab, und suchen das Weite.

Auf den Schreck trinken wir eine grosse Flasche Wasser am Hotel Zenobia, und fahren dann bei schöner Abendstimmung hinüber ins "Tal der Gräber".

In dem kahlen Tal wirken die Grabtürme recht gespenstisch. Mit unserem Bus fahren wir querbeet, auf Hügel hinauf, und in Senken hinab, das macht grossen Spass.

    
                     Unser Bus mit seinem neuen Hochdach

 
 Über Stock und Stein im "Tal der Gräber", der Nekropole von Palmyra


                    Gespenstisch wirken die Grabtürme                                        in dem kahlen Tal

Zum Schluss klettern wir auf eine der Anhöhen, von der aus wir das ganze Ruinenfeld von Palmyra im Licht des Sonnenunterganges überblicken und bewundern können.

Das sind Momente, die sich einprägen.
                        (Karte)

 
Das antike Palmyra im Licht der untergehenden Sonne.   Im Hintergrund die Oase Tadmor 


           Am Scheideweg, wir fahren nach Damaskus

Hätten wir jetzt ein irakisches Visum und etwas mehr Zeit, in ein paar Stunden wären wir in Baghdad.

So aber folgen wir dem Schild nach Damaskus. Kein Problem, denn die direkte Strecke ist gut asphaltiert. Ich hatte Pistenfahrt erwartet.

Vor Erreichen von Damaskus durchqueren wir ein riesiges Militärgebiet. Panzer kurven durchs Gelände, wirbeln solche Staubfahnen auf, dass wir nichts mehr sehen! Mehrfach müssen wir anhalten und warten, bis sich der Staub wieder etwas gelegt hat.

Am Ortsrand von Damaskus begrüssen uns grosse Autohöfe, vollgestellt mit Lkws und Pkws mit deutschen Zollkennzeichen. Hier endet also für viele die Rennstrecke E5 in den Orient (E5 = Europastrasse 5), hier werden die Fahrzeuge verkauft.  (Karte)

Wir richten uns auf einem Campingplatz ein, und genehmigen uns einen Restaurantbesuch. Wir speisen "Schawerma", vergleichbar mit Döner Kebab, dazu Fladenbrot, Yoghurt und grüne Salzgurken. Gläubige Moslems sitzen vor ihren gefüllten Tellern, schauen auf die Uhr, und warten auf den Böllerschuss, der bei Sonnenuntergang ertönt, erst dann darf im Ramadan gegessen werden.

 
Die ausufernde Neustadt von Damaskus umschliesst auch einen alten, malerischen Stadtkern

 
Im Souk El-Hamideh

Der Souk von Damaskus gefällt uns ausgesprochen gut. Es ist nicht nur das Gewimmel der Menschen in den engen, überdachten Gassen, sondern neben den bekannten Wohlgerüchen Arabiens ist hier auch ein interessantes Angebot an kunsthandwerklichen Gegenständen zu finden.

  Damaskus und Omayaden-Moschee

Nicht unerwartet, aber doch unverhofft, stehen wir vor dem Eingang der berühmten Omayaden-Moschee. Die Moschee ist gut besucht. Überall sitzen Leute in Gruppen zusammen, nur ein paar Kinder stören, da sie ständig mit ihren Spielzeuggewehren herumknallen. Das wird, im Unterschied zu unbedeckten Frauenarmen, nicht als blasphemisch angesehen.

  
Im Innenhof der Omayaden-Moschee. Sie wurde vielfach verwüstet, und immer wieder aufgebaut


      Die Moschee ist Treffpunkt nicht nur zum Beten


Diese Moschee ist eine der ältesten überhaupt.

Sie wurde im Jahr 705 errichtet, und gilt als eine der wichtigsten Gebetsstätten der islamischen Welt, nach Mekka, Medina und Jerusalem.

Immerhin wird hier auch das Haupt Johannes des Täufers aufbewahrt.

Von Damaskus aus unternehmen wir noch eine Ausflugsfahrt in Richtung Beirut.

In dem fruchtbaren und romatischen Barada-Tal kehren wir in einem kleinen Restaurant am Flussufer ein, wo es leckere landestypische Gerichte gibt.                        (Karte)
 

    
             Landesübliche Kost im Tal des Barada-Flusses


           Das  Theater von Bosra ist sehr gut erhalten

Tags darauf fahren wir weiter in Richtung Jordanien. Bevor wir über die die Grenze gehen, machen wir noch einen Abstecher von 35 Km nach Bosra, wo eines der am besten erhaltenen römischen Amphitheater steht.

Sowohl die Sitzreihen als auch das Bühnenhaus sind praktisch noch vollständig vorhanden.

Bei Dera und Ramtha reisen wir nach Jordanien ein, fahren noch bis nach Djerasch, und übernachten hier gleich neben den Ruinen der gleichnamigen antiken römischen Stadt.

Am nächsten Morgen betreten wir das Ruinenfeld von Djerasch durch das Südtor, und wenden uns zuerst dem Amphitheater zu, dann dem hübschen, von Säulen umstandenen runden Forum. Wir schlendern die mit grossen Steinen gepflasterte Hauptstrasse hinauf, vorbei an hohen Säulen und Resten von Tempeln und frühchristlichen Kirchen. Wir sind die einzigen Besucher.  (Karte)


 Die Hauptstrasse des römischen Gerasa


 Das Forum von Djerasch weist eine ovale Form auf

 Nach 100 Km Fahrt erreichen wir Amman. Im Gegensatz zu Damaskus, das in einem weiten Tal liegt, verteilt sich Amman auf sieben Hügel. Waren die Syrier schon nett im Umgang, so sind es die Jordanier noch mehr. Den Gruss "Welcome" hört man von Jedermann und allerorten. Wir fahren kurz ins Stadtzentrum, lange aufhalten wollen wir uns hier nicht.


 Jordaniens Hauptstadt Amman wurde auf sieben Hügeln erbaut


 Amman, Innenstadt: Unser Bus wird bewundert
 

Auf dem sogenannten "Desert Highway" verlassen wir Amman in südlicher Richtung. Was sich hier stolz "Highway" nennt, ist eine einfache, asphaltierte Fernstrasse. Die Route führt durch eine hügelige, wüstenartige Landschaft, die Strasse verliert sich in der Ferne am flimmernden Horizont. Hinter der Oase von Ma’an biegen wir nach rechts ab zum Wadi Musa, und zwar nach El Dji, dem Ausgangspunkt für die Besichtigung der hochinteressanten Felsenstadt Petra.                                                        (Karte)


 Auf dem "Desert Highway" nach Aqaba


 Hinter Maan biegen wir ab nach Petra

Hier herrscht zum ersten Mal sowas wie touristischer Andrang, d.h. wir sind nicht die Einzigen. Wir zahlen die Gebühr für die Besichtigung, und beginnen die Wanderung durch die etwa 1,2 Km lange Schlucht "Es Siq". An der schmalsten Stelle ist sie gerade mal etwa zwei Meter breit, während die fast senkrechten Felswände zu beiden Seiten über hundert Meter hoch hinaufreichen.


 In der Schlucht Es Siq


 Ein spannender Augenblick

Dann kommt der spannende Moment: Hinter einer Biegung sehen wir durch einen Felsspalt ein Stück der Fassade des sog. "Schatzhauses des Pharaos".

  Felsenstadt Petra

Petra hält wirklich was es verspricht. Es zählt zu den eindrucksvollsten Ruinenstädten der Welt. Neben den monumentalen Portalen, Fassaden und Grabstätten faszinieren uns auch die farbigen Schattierungen vieler Felsen. Aus rosa Felsen herausgehauen wurde auch ein Amphitheater, auf dessen Sitzreihen wir uns ausruhen. Die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel, es ist extrem heiss in dem Tal.

 
Weder "Schatzhaus" noch "Pharao". Die aus dem Fels herausgearbeiteten Fassaden und Kammern stellen wahrscheinlich Grabanlagen nabatäischer Könige dar.

 
Macht und Reichtum der Nabatäer spiegeln sich noch immer in den monumentalen Überresten ihrer Epoche wider

Um die Mittagszeit machen wir Rast am „Beduin Supermarket - Change Money - Post Office“, wie ein handgemaltes Schild verkündet. Ein kleiner Kramladen für Touristen, mit Stühlen und Tischen unter einem Sonnendach aus trockenen Zweigen, und es gibt kalte Erfrischungsgetränke!


  Rundum-Service
 


 Faszinierende Formen und Farben in Petra
 


  40 m hoch ist die Fassade des Prunktempels Ed-Deir     

Noch einen anstrengenden Aufstieg zum Tempel "Ed Deir", und dann geht es den ganzen langen Weg wieder zurück zum Auto.

  Felsenstadt Petra

Wir fahren heute noch die verbleibenden 130 Km bis nach Aqaba, am Roten Meer. Wie einst Lawrence von Arabien, fallen auch wir mit dem Schlachtruf "Aqaba!" eben dort ein, suchen uns dann aber ganz friedlich am Strand einen Standplatz für die Nacht.
                          
(Karte)