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6.7. - 18.10.1975


Teil 5

Anmerkung: Im März 2001 zerstörten die Taliban in einem Akt religiösen Fanatismus und kultureller Barbarei die beiden Buddhas von Bamiyan.

Dem Hinweisschild folgend, stehen wir bald am Fusse der grösseren der beiden Kolossalstatuen, die 55 m hoch ist.

Sie entstand im 5. oder 6. Jahrhundert, als sich hier ein bedeutendes buddhistisches Zentrum entwickelt hatte.

                         (Karte)

  Zu den Buddhas von Bamiyan

     
               55 m hoch ist die grössere der beiden Statuen

  
Das Gesicht wurde herausgemeisselt, doch an dem Dckengewölbe sind noch Malereien erhalten

Die Buddhafigur ist stark beschädigt, denn nach dem Einzug des Islam hatten bilderfeindliche Eiferer versucht, die Statuen zu zerstören, und entfernten die Gesichter. Auch von der einst farbprächtigen Bemalung sind nur noch Fragmente erhalten geblieben.

Dann gehen wir 400 m weiter zu dem 100 Jahre älteren "kleinen" Buddha, der mit 36 m Höhe auch nicht gerade mickrig ist.

An dieser Figur ist der Faltenwurf ihres Gewandes noch sehr schön erhalten.

     
                        Der "kleine" Buddha ist 36 m hoch

 
Die Figur ist besser erhalten, doch auch ihr wurde das Gesicht zerstört


 Der Faltenwurf des Gewandes
 


 Die Schuhgrösse ist beeindruckend
 


            Perspektive aus Kopfhöhe des Buddhas
 

Über eng ansteigende Gänge im Inneren des Felsens gelangen wir zu einer Öffnung in Kopfhöhe des kleinen Buddha, von wo wir auch die Reste der Deckenmalereien gut sehen können.

Faszinierend ist auch der Ausblick von hier oben, auf den Kopf der Statue, und auf das vor ihr liegende Tal.


 

  Zu den Buddhas von Bamiyan
 


 Seit Jahrhunderten geniesst er diese Aussicht
 


  Im Berg gibt es ein System aus Gängen und Treppen
 

Begeistert, aber auch etwas groggy, gehen wir zurück in den Ort.

Wegen seiner Lage an dem alten Handelsweg der "Seidenstrasse", die Europa über Indien mit China verband, war Bamiyan seinerzeit Halteplatz der Handelskarawanen, und besass darüber hinaus auch grosse strategische Bedeutung.

Das alles endete mit der Plünderung des Tales durch die Horden des Djingis Khan.

      
                                        Bamiyans Hauptstrasse

An der "Hauptstrasse" setzen wir uns an einen Tisch des "France Hotel", und ruhen uns etwas aus, bevor wir zu der Rundfahrt zu den Seen aufbrechen.

 
Vor dem "France Hotel" ruhen wir aus, und trinken eine Erfrischung

Die Seen von Band-e-Amir liegen etwa 75 Km westlich von Bamiyan.

Die Piste dorthin führt über den 3.050 m hohen Shahidan-Pass.       (Karte)

                              

  Band-e-Amir

Wieder hat unser Escort wegen der dünnen Höhenluft an einigen Steigungen schwer zu kämpfen, und einmal geht’s nur weiter mit Hilfe einiger schiebender Nomaden.

Natürlich gegen ein Bakschisch.

     
            Der Escort kämpft mit Staub, Schotter, Höhenluft


               Wir erreichen die Seen von Band-e-Amir

Es ist ein eindrucksvoller Moment, als wir rechts der Piste in der Senke einen kleinen, dunklen See erblicken.

Dem Verlauf des Tales folgend, liegt rechts ein grosser See, der mit seinem herrlich blauen Wasser in reizvollem Gegensatz zu der wüstenhaften Gebirgslandschaft steht.

Wir erreichen eine Art Parkplatz, wo im Sommer ein kleines Dorf entsteht, mit einfachen Kramläden und Lokalen für die Besucher dieser Naturschönheit. Von Kabul aus werden nämlich Reisen mit dem Jeep organisiert, kombiniert mit Flügen nach Bamiyan, so dass hier durchaus einige Touristen anzutreffen sind. Auch Individualreisende mit eigenem Fahrzeug, so wie wir, gibt es hier. Im Winter liegt das alles unter Schnee begraben.   (Karte)

 
Im Sommer gibt es für die Besucher der  Seen einfache Kramläden und Restaurants

Die Besichtigung der Seen wollen wir uns für morgen aufheben, aber heute Abend möchten wir in einem der Lokale essen gehen.

Doch als Connie ihre Tasche nehmen will, ist die nirgends zu finden!

Wir durchsuchen verzweifelt das ganze Auto, sogar unter den Fussmatten schaue ich nach, die Tasche ist weg!

       

Allmählich dämmert uns die Gewissheit, dass die in Bamiyan beim "France Hotel" an der Stuhllehne hängengeblieben sein muss!

Inzwischen nehmen bereits mehrere andere Reisende teil an unserem Schicksal. Connie geht in eines der Lokale, welches sogar ein Telefon besitzt, und ein Gespräch mit dem Hotel in Bamiyan wird angemeldet.

Es dauert eine Weile, bis die Verbindung klappt, und jeder, der in der Region Telefon hat, hört mit und nimmt regen Anteil.

Jedenfalls kann Connie ihr Anliegen übermitteln, und nach bangen Minuten des Wartens kommt endlich die erlösende Antwort: Die Tasche ist gefunden, und wird im Hotel aufbewahrt! Da fällt uns ein Stein von der Seele, denn in Connies Tasche war leichtsinnigerweise all unser Geld, und dazu alle Papiere und Ausweise!

Der Abend wird dann also doch noch sehr schön, und da wir absolut kein Geld haben, leihen wir uns was bei den anderen Reisenden, damit wir zusammen essen gehen können. Wir schlafen dann auf unseren Liegesitzen im Auto.

 

Die Seen von Band-e-Amir wurden im Laufe der Erdgeschichte von Kalkablagerungen aufgestaut, und sie unterscheiden sich alle in Grösse, Form und Farbe.

Auf faszinierende Weise kontrastieren die tiefblauen, aber auch grünlichen oder fast schwarzen Oberflächen mit der zwar kargen, doch majestätischen Bergwelt, die sie umgibt.

  Band-e-Amir

Stellenweise setzt grüne Ufervegetation zusätzliche reizvolle Akzente.

Und über dem ganzen Panorama ruht eine unglaubliche Stille.

Wir sind begeistert von dieser einzigartigen Naturschönheit.

    

 

In der Mittagszeit koche ich für uns in der Bordküche einen Gemüseeintopf, eine Art "Ratatouille", mit Reis.

Danach rasten wir am Ufer des unteren Sees, stecken die Füsse ins Wasser, und nehmen die grandiose Landschaft tief in uns auf.

  Band-e-Amir

     
               In der Bordküche koche ich das Mittagessen

 
In reizvoller, exklusiver Kulisse vertilgen wir "Ratatouille" mit Reis

 
Wir rasten an dem unteren See, und nehmen die stimmungsvolle Landschaft tief in uns auf

 Am Nachmittag treten wir den Rückweg nach Bamiyan an, schnurstracks zum "France Hotel". Man bittet uns in einen grossen Raum, ausgelegt mit Teppichen und Polstern, und wir müssen die Schuhe ausziehen. Die Männer des Dorfes werden zusammengerufen, setzen sich uns gegenüber. Auch der Dorfpolizist ist da. Höflichkeitsfloskeln werden ausgetauscht, Tee wird gereicht.   (Karte)

Dann zur Sache. Wie denn die Tasche aussähe, die wir verloren hätten. Connie gibt eine genaue Beschreibung. Was denn drin sei ? Wir zählen auf, alle Papiere und Ausweise, und natürlich Geld. Geld? Wieviel? Wir wissen es ziemlich genau, denn vor Aufbruch nach Bamiyan hatten wir noch in Kabul getauscht. Einer der Männer hält die Tasche hoch. Ja, es ist unsere. Aber er führt auch den Inhalt vor, zeigt, dass nichts fehlt, und sie zählen sogar Schein für Schein das Geld vor. Dabei möchten wir im Erdboden versinken, wissen wir doch, dass diese Summe für manchen hier mehr als ein Jahreseinkommen darstellt.

Wir unterbrechen die Zählaktion, versichern, dass wir überzeugt sind, dass alles vollständig sei. Connie bekommt die Tasche ausgehändigt, strahlend umarmt sie sie, und presst sie sich vor die Brust. Nun löst sich die allgemeine Anspannung, alle lachen und kommentieren den Vorfall, und Rufe nach Bakschisch werden laut.

Derjenige, der die Tasche gefunden hat, bekommt etwas. Derjenige, der die Tasche dann aufbewahrt hat, bekommt auch etwas. Insgesamt verteilen wir den Gegenwert etwa eines Monatslohnes, was offensichtlich als ausreichend angesehen wird. Jedenfalls zählt die ganze Mannschaft laut und ungläubig mit, als wir einen Schein auf den anderen blättern. Mit weniger wären sie wahrscheinlich auch zufrieden gewesen, aber wir denken, dass die Ehrlichkeit auch gut belohnt sein soll. Was hätten wir denn gemacht, wenn die Handtasche nicht mehr aufgetaucht wäre?!

Noch einmal stellen wir unser Zelt bei den Jurten auf der anderen Seite des Bamiyan-Tales auf, lassen die Eindrücke dieser zwei Tage noch einmal Revue passieren, und sind unglaublich glücklich, dass wir die Tasche wieder haben.

Vor der Abfahrt am nächsten Morgen schauen wir noch einmal über das breite, grüne Bamiyan-Tal, grüssen zu den Buddhas hinüber, und verlassen Bamiyan dann in Richtung Osten.

Wir überqueren aber diesmal nicht den Shibar-Pass, sondern biegen vorher nach links ab in das Tal des Surkhab, und folgen der Piste über Doab nach Doshi.    (Karte)

      
            Für die Rückfahrt wählen wir die einsame Strecke
                                           über Doab nach Doshi

Die führt, auf einer sehr einsamen Route, durch reizvolle Täler und Schluchten des Hindukusch.

 

Plötzlich vernehmen wir ein hässliches Geräusch unter der Motorhaube. Ausgerechnet auf dieser einsamen Strecke haben wir einen Lagerschaden an der Lichtmaschine! Ich entferne den Keilriemen, um die Lichtmaschine still zu legen, damit aber Lüfterrad und Wasserpumpe weiterhin angetrieben werden, verwende ich den Lederriemen des Fotoapparates als Behelfsriemen. Nach nur wenigen Kilometern ist er zerfetzt. Wir versuchen's mit einem Nylonstrumpf, mit dem gleichen niederschmetternden Ergebnis!

Da sehe ich nur eine Lösung:  Ich entferne das Gehäuse der Lichtmaschine mitsamt dem defekten Lager, und lege den original Keilriemen wieder auf. Jetzt dreht sich die Ankerwicklung frei in der Luft, aber das Lager kann nicht mehr festfressen, und wir können weiterfahren. Jetzt hoffen wir nur, dass die Zündanlage nicht vorzeitig die Batterie leerlutscht!

Nach 180 Km Nervenanspannung auf der Piste erreichen wir bei Doshi die Salangstrasse, und fahren über den Salang-Pass weitere 210 Km zurück bis nach Kabul. Wenn’s bergab geht, stelle ich immer wieder mal den Motor ab, um Batteriestrom zu sparen. Und so gelangen wir müde und geschafft, aber ohne weitere Probleme, wieder in den Garten des "Gulzar-Hotels".   (Karte)