|
||||||||||||||||||||
Spanien, Marokko und Portugal
|
|
Der junge Mann, den wir "Chef" genannt hatten, der ist noch da. Aber der Campingplatzleiter, also der echte Chef, den wir im Spass immer "Mozo" genannt hatten, scheint nicht mehr hier zu sein. Wir verstehen nicht so ganz, aber aus den Andeutungen und Gesten entnehmen wir, dass er in einer psychiatrischen Klinik gelandet ist. Das tut mir leid. |
Ein schöner Campingplatz in einem Pinienhain Meister kocht Spaghetti, Barnie assistiert
Vier Tage lang bleiben wir in Figueira da Foz, fühlen uns wohl in dem Ambiente des ruhigen Badeortes. Am 28. September ist Bundestagswahl in Deutschland. Abends höre ich im Autoradio mit Hilfe einer langen Drahtantenne den Bayrischen Rundfunk auf Mittelwelle, und erfahre so die ersten Hochrechnungen und Ergebnisse. Die CDU/CSU hat zwar die Mehrheit, aber nicht die absolute.
Dann treten Willy Brand und Walter Scheel an die Mikrofone, und verkünden, dass sie eine sozial-liberale Koalition bilden wollen! Das freut uns sehr, und wir bejubeln die gute Nachricht. Endlich sind die schwarzen Brüder weg vom Fenster, und es kommt mal frischer Wind in die Staatsbude.
Dann kommt der Tag des Abschiedes. Wir nehmen die Strecke über Coimbra, und fahren dann rund 320 Km hoch in den Nordosten des Landes, nach Bragança. Da die Grenzstation abends schliesst, kommen wir heute sowieso nicht mehr nach Spanien rein. (Karte)
Wir landen in einer urigen Kneipe, ausser uns sind noch drei andere Gäste hier. Der Wirt und seine Frau hantieren hinter der Theke, ihr zwölfjähriger Sohn hilft ihnen dabei, und unser Auftauchen hier ist eine kleine Sensation. Wir haben nicht mehr viel portugiesisches Geld, legen das auf die Theke, und fragen, ob wir dafür eine Kleinigkeit bekommen. |
|
Die gastfreundlichen Leute bewirten uns reichlich, und es wird ein sehr lustiger Abend. Zwei der inzwischen auch angeheiterten Gäste mimen einen Stierkampf. Der "Stier" ist ein schmächtiges Männlein mit nur noch zwei Zähnen im Mund. Er hält sich zwei zu Tüten zusammengerollte Servietten als Hörner an den Kopf.
Der eine oder andere ist etwas angeheitert... So lustig kann ein Stierkampf sein
Zum Schlafen suchen wir uns am Ortsrand einen Feldweg, und pennen dort im Auto.
Von Bragança bis zur Grenzstation sind es nur 30 Km. Nun sind wir wieder in Spanien. Wir fahren über Zamora nach Valladolid, und weiter nach Burgos. Irgendwas an der Kupplung scheint nicht in Ordnung, es ist, als ob sie nicht richtig auskuppelt, und daher kann ich kaum die Gänge einlegen. Ich behelfe mir mit Zwischengas, das hab’ ich ja beim "Bund" gelernt. Barnie versucht, das Kupplungsspiel nachzustellen, aber das bringt auch nichts.
Kupplung kaputt, da ist guter Rat teuer Barnies Bemühungen zeigen keinen Erfolg
Drum suchen wir in der Innenstadt von Burgos eine Werkstatt auf, und die gehen auch gleich ans Werk. In Windeseile ist der Motor ausgebaut, und es stellt sich heraus, dass das Ausrücklager defekt ist. Aber nun ist Feierabend, repariert werden kann erst morgen. So suchen wir uns eine Bar, und schlafen dann auf dem Parkplatz vor der Werkstatt, auf den Luftmatratzen neben unserem Auto
Teils belustigte, teils argwöhnische Blicke fangen wir ein, auf unserm Lager auf dem Parkplatz. Wir rappeln uns hoch, zwischenzeitlich wurde auch das Ersatzteil besorgt, und bald steht unser Wagen wieder auf der Hebebühne der kleinen Werkstatt. Die Rechnung ist auch diesmal nicht allzu hoch, aber angesichts der Reparaturkosten in Ceuta, und auch auf Grund der Tatsache, dass wir am Ende der Reise sind, ist diese erneute, unvorhergesehen Ausgabe ein echtes Problem für unsere Reisekasse. Das, was wir jetzt noch haben, reicht nicht mal mehr fürs Benzin bis nach Hause.
Daher beschliessen wir, das Deutsche Konsulat in San Sebastián aufzusuchen, um hier um einen kleinen Hilfskredit zu bitten. Nach 230 Km Fahrt erreichen wir San Sebastián, und stehen bald vor dem Konsulatsgebäude. Wir fahren mit dem Aufzug nach oben, dort öffnet nach einer Weile ein geschniegelter Beamter, und verkündet uns, dass er nichts für uns tun könne. Der Konsul sei nicht da, und überhaupt sei jetzt keine Geschäftszeit! Der Typ bleibt stur, und frustriert fahren wir mit dem Lift wieder nach unten. Wir sitzen im Auto, überlegen etwas ratlos, was nun zu tun sei. Barnie will das so nicht hinnehmen, er will noch mal mit dem Typen sprechen, und versuchen, ihn umzustimmen.
Ein paar Minuten später kommt Barnie grinsend zurück. Wir sollen mit hochkommen. Währenddessen erzählt er, wie es zu der wundersamen Wende gekommen ist: Zu ihm in den Aufzug war ein Herr gestiegen, wie sich schnell herausstellte, auch ein Deutscher. Ob er auch zum Konsulat wolle, hatte ihn Barnie gefragt, dass sei ein Scheissladen, man hätte uns nicht mal vorgelassen. Der Herr verschwindet hinter einer Tür, Barnie klingelt wieder am Eingang des Konsulates. Der Schleimer von vorhin öffnet ihm, und statt ihn erneut abzuweisen, bittet er ihn herein. Nach einem kurzen Augenblick wird er dann in das Büro des Konsuls eingelassen, und da sitzt hinter dem Schreibtisch - der Herr aus dem Aufzug!
So können wir unser Anliegen nun doch noch loswerden. Der Schleimer bekommt die Anweisung, unser Gesuch zu bearbeiten. Nun ist der aber offensichtlich so pikiert über die Behandlung, die uns seitens des Konsuls zu Teil wurde, dass er uns nur das nötigste Geld gibt, um bis zum nächsten Konsulat zu kommen, das ist in Bordeaux. (Karte)
Egal, das liegt sowieso auf unserer Strecke. Wir überqueren die spanisch-französische Grenze bei Irún, und fahren weiter in Richtung Bordeaux. Noch ein gutes Stück vor der Stadt pennen wir im Auto.
Auf dem Deutschen Konsulat in Bordeaux empfängt man uns gleich mit mehr Verständnis für unsere Lage. Man ist hier wesentlich entgegenkommender, und händigt uns den noch fehlenden Betrag aus.
Dann beginnt eine lange Fahrt durch Frankreich. Von Bordeaux aus fahren wir quer durchs Land über Clermont-Ferrand zum Rhône-Tal nach Lyon. Von dort nehmen wir die Route über Bourg, Besançon, Belfort und Mulhouse. Die ganze Nacht hindurch waren wir gefahren, und nun sind es nur noch 30 Km bis zur deutschen Grenze.
Während wir uns der Grenze nähern, werden wir alle wieder munter. Den französischen Posten passieren wir ohne Aufenthalt, und dann stehen wir gegen 7.00 Uhr morgens an der deutschen Grenzstation von Müllheim-Neuenburg.
Wir haben die Pässe bereit, und übergeben sie einem jungen Beamten. Dann kommt die Frage, ob wir was zu verzollen hätten. Nein, antworten wir alle drei im Brustton der Überzeugung. Nicht überzeugend genug. "Fahren Sie mal da vorne rechts ran!", meint der Grenzer, und verschwindet mit unseren Pässen im Büro.
Er kommt wieder, in Begleitung eines älteren Kollegen, und gemeinsam durchsuchen sie nun unser Auto. Klar, dass sie auch mal unter die Sitze fassen, und so fördern sie eine Flasche Cognac nach der anderen ans Tageslicht. Das sei ein Zollvergehen, da müssten wir den Zoll zahlen und obendrein eine Strafe in gleicher Höhe. Im Prinzip finden wir das alles ganz lustig, und kichern vor uns hin. Und mich betrifft’s ja eh’ nicht, ich hatte ja keinen Cognac gekauft.
Aber dann ziehen sie aus einem anderen Winkel des Autos die Ginja-Flaschen hervor. Was das für ein Schnaps sei, wollen sie wissen. "Das ist kein Schnaps, das ist ein Kirschwein!", klären wir sie auf. Irgendwie glauben sie das nicht. "Wir machen eine Flasche auf, und Sie probieren einen Schluck!", schlagen wir vor. Doch darauf wollen sie sich nicht einlassen.
Bei unseren wackeren Zöllnern ist nun das Jagdfieber erwacht, und sie durchsuchen unser ganzes Gepäck. Die Obrigkeit nicht ganz ernst nehmend, und durch die lange Fahrt aufgekratzt, verfolgen wir das Treiben mit Belustigung. Plötzlich hat einer Barnies Pfeifchen in der Hand. Was das sei, wollen sie wissen. "Das ist mein Haschpfeifchen!", erklärt Barnie grinsend.
Das ist zuviel für die braven Beamten! Sie suchen und suchen, und finden zwangsläufig im Seitenfach von Barnies Reisetasche die Reste des Haschischkaufes aus Rabat. Im Prinzip sind es nur noch ein paar Krümel, sicher weniger als 10 Gramm, und es war mehr Tabak dabei als sonst was. "Dürfen wir das sicherstellen?", fragen sie Barnie. Der will wissen, was passiere wenn er "nein" sage. "Dann müssen wir es von Amts wegen beschlagnahmen!", ist die Antwort. Das löst wieder Heiterkeit bei uns aus.
Sie müssten nun die Kripo in Freiburg benachrichtigen, die sei dafür zuständig. Und die würden auch eine Spindel mitbringen, damit festgestellt werden könne, ob der Ginja nicht doch ein Schnaps sei. Wir können nicht anders, als die Angelegenheit von der lustigen Seite zu sehen. So viel Aufhebens wegen drei Krümel Tabak mit Spuren von Haschisch drin!
Die Zöllner kommen uns nun von der moralischen Seite: Ob es uns denn Spass mache, die Gesundheit zu ruinieren. Ach, sagen wir, Hasch rauchen ist einfach Klasse, Sie sollten es auch mal probieren! Die merken einfach nicht, dass wir sie auf den Arm nehmen.
Es dauert lange bis die Kripo kommt, in Gestalt zweier Beamter nebst Dienstschreibmaschine. Barnie wird als "Tatverdächtiger" als erster vernommen. Dann werden nacheinander Meister und ich vernommen, und zwar als Zeugen. Ich erzähle einfach wie’s war: Dass wir das Zeug in Rabat gekauft hatten, es mal probiert hatten, keine grosse Wirkung festgestellt hatten, weil es wahrscheinlich mehr Tabak als Hasch enthielt, und dann haben wir den Rest einfach in der Reisetasche vergessen. Die Kripobeamten sind nicht so verbissen wie die Zöllner, und lassen ziemlich klar durchblicken, dass das eigentlich eine Bagatelleangelegenheit sei.
Aus Freiburg haben sie auch eine Spindel mitgebracht, und nun prüfen die wackeren Grenzer unseren Ginja. Es stellt sich heraus, dass der Ginja auf Grund seines geringeren Alkoholgehaltes noch als Wein gilt, was natürlich von uns mit den passenden Worten kommentiert wird. Wir bekommen noch die Rechnungen für Zoll und Strafe für den Cognac und den Ginja, und dann können wir endlich weiterfahren.
Inzwischen ist es Mittagszeit, über 5 Stunden hat die ganze Aktion gedauert. Der Magen hängt uns auf den Füssen, so dass wir erst mal in ein Restaurant im nahen Müllheim fahren, dort gut essen, und uns ein grosses, gutes, deutsches Glas Bier genehmigen.
Danach nehmen wir die letzten 340 Km in Angriff, und der Autobahn über Freiburg, Karlsruhe, Mannheim und Darmstadt folgend, kommen wir am späten Nachmittag wieder zu Hause in Wiesbaden an. (Karte)
Natürlich haben wir umgehend die Mini-Kredite bei den Konsulaten zurückbezahlt. Und natürlich erhielt Barnie ein paar Wochen später den Bescheid aus Freiburg, dass der Fall Haschisch-Schmuggel eingestellt worden sei.
|